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Erlebnisberichte 4/18
April 2016
Eine Reise, die nie aufhört
Pause
Draußen wartet die Nacht mit dem stillen Sternenhimmel. Die Lichter am Hang jenseits des Flusses flimmern und werden vom bräsig dahingleitenden Inn stimmungsvoll reflektiert. Hier am Fluss ist noch mächtig Trubel, es sind viele Leute unterwegs, die die schöne Nacht genießen.
Nach der Pause, in der ich meine trockene Kehle mit „Gänsewein” aus den Sanitärräumen benetze – es gibt leider nirgendwo Getränke zu kaufen – tauchen wir wieder in die Countryzeit ein mit "Hold on".
Aus eben dieser Zeit ein weiterer Song, der ihm sehr, sehr am Herzen liegt "Weus‘d a Herz hast wia a Bergwerk".
Passau 442 · © Grabienski / Im Endeffekt
"Unchain my heart" ist ein Song, der Lebensfreude bringt, den man jetzt zur Oktoberfestzeit auf den Bierbänken tanzend singen sollte – oder so ähnlich… Während ich im Fluss der Töne mitschwimme, hört Daniel plötzlich mittendrin auf zu singen. Offenbar spürt er zu wenig Lebensfreude bei den Leuten. „Einschlafen akzeptiere ich nicht!“, postuliert er, veranlasst eine Temposteigerung und rasant geht es weiter bis zum Ende.
Herbert Grönemeyer liebt er. Er sei ein Vorbild, ein Musiker, der jetzt wieder am Theater aktiv ist, beim Berliner Ensemble und da hat er gerade Goethes Faust (als Musical) auf die Bühne gebracht. Wir gehen gemeinsam den ("Der) Weg", lauschen bewegt.
Dann die Frage, ob das Publikum Spanischkenntnisse hat. Julio Iglesias habe ja auch das Vermögen, das Publikum in Trance zu versetzen. Daniel singt "Solo tú" und "No destroces mi corazón". Verschwindet hinter den Säulen auf der Bühne, lugt hervor, ist plötzlich der zwischen Todessehnsucht und Rachedurst zerrissene Hamlet und schmettert uns ein „Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage“ entgegen, springt wieder hervor, ist wieder Daniel und erzählt, dass die spanischen Lieder einer sehr küblböckischen Feder entstammen. Er hat plötzlich das Gefühl, bereits seit 4 Jahren auf der Bühne zu stehen und wenn er das hat, dreht er immer ab, sagt er in die Runde seiner Musiker, die verständnisvoll nicken. Wir sind gespannt…
Im Programm des Abends geht er musikalisch seine ganze Kindheit durch, möchte uns seine gefühlte Kindheit vermitteln, sagt er, und kündigt "Eres amor" an: „Sie dürfen gerne auch mal den Nachbarn küssen.“
Die Interpretation haut mich echt um. Gut, dass ich sitze. So kraftvoll und total berührend gesungen. Der Applaus danach nimmt kein Ende…
Den folgenden Song von den Beatles liebt er: "Yesterday" . Singt ihn grandios.
Passau 568 · © Grabienski / Im Endeffekt
Mit " Angel" ist „Party“ angesagt. Vorher noch eine kleine Anekdote:
Seine erotische Seite zeigt er ja eher selten auf der Bühne. Er ist überhaupt eher der biedere Typ, der sich jeden Abend, bevor er ins Bett geht, die Füße abwedelt, damit da nichts reinkommt, was nicht reingehört. Er liebt ein geordnetes Bett. Auf der Bühne würde er aber zum Tier und die Sau raus lassen. Schneller als wir gucken können reißt er sein Hemd auf und Knöpfe fliegen in alle Himmelsrichtungen davon. Und schon erscheint wieder der „biedere Typ“ auf der Bühne, der um die Knöpfe sehr besorgt ist und eine Suchaktion nach ihnen initiiert. Gefunden wird so eine Art gezähnter Metallanker, niemand weiß, wozu er da ist und wo er fehlen könnte, also fliegt er wieder in eine Ecke. Während noch fleißig Ausschau nach den ausgebüxten Hemdverschlussteilen gehalten wird, philosophiert Daniel über die Bedeutung der plötzlichen Bauchnacktheit und die Beziehung zu seinem Publikum. Er möchte eben alles zeigen, sein Publikum soll alles sehen, denn es soll mit ihm eins sein. Als Roger einen Knopf findet und Daniel stolz präsentiert ist Schluss mit der Suche nach weiteren Abtrünnigen und der Wahrheit. Party!!! Daniel und das Publikum singen, tanzen, leben "Angel". Das Lied animiert offenbar Hamlet, wieder zu erscheinen, der ein weiteres Mal hinter der Säule hervorblitzt und die existenzielle Frage über die Bühne ruft.
Dann ist wieder Daniel da und kündigt den letzten Song des Abends an. „Es ist wichtig, dass man Dinge auffängt und wieder loslässt. Es ist bedeutend, den Moment einzufangen. Denn irgendwann kommt der Augenblick, der ein „bis hier hin und nicht weiter“ signalisiert. „Ich bin der Typ, der sich anschleicht, der wie eine Bombe einschlägt und wieder verschwindet. Wie Jeannie (lady in the bottle).“
Daniel bedankt sich sehr herzlich beim Publikum dafür, dass es immer wieder kommt. Er glaubt, bei allem was ist, was kommt, dass es wichtig ist, an sich selbst zu glauben. Als er in Hutthurm auf dem Geburtstisch aufgeschlagen sei, sind „I believe“ seine ersten Worte gewesen.
 
Online-Magazin Im Endeffekt Ausgabe 29 · © 2003 - 2016 danielwelt.de · Impressum · Printausgabe