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Lustiges & Satire 2/5
Februar 2006
Das kleine Gerücht
„Ja und warum bisd dann drodzdem do?“ wunderte sich Daniel.„Weil du der Küblböck bist und ich dich gern kennen lernen wollte, bevor ich in die Medienwelt hinausgehe,“ sagte das kleine Gerücht. Es klingelte.
„Woad amoi, mia schmaz ma glä wäda!“ rief Daniel und rannte zur Tür.
Er öffnete am Tisch seinen Pizzakarton, stellte die Küchenpapierrolle dazu und machte sich ein Bier auf: „Mogsd a a Bia und a Pizza?“ fragte er das kleine Gerücht.
„Nein, danke,“ antwortete es, „ich leiste dir aber gern noch eine Weile Gesellschaft.“
„Ja, du hosd ma a no mehr zum erklärn,“ nuschelte Daniel mit vollem Mund. „Ja, weißt du, das ist so: wir Gerüchte hocken alle zusammen in der Gerüchteküche und wir bekommen mit, wenn wir gebraucht werden, also wenn ein Schreiber etwas schreiben möchte, aber eigentlich nichts weiß, dann setzen wir uns still und heimlich in eine seiner Gehirnwindungen, machen ein bisschen Zauber um seine Wahrnehmung – und schon kann er etwas schreiben!“
„Aso,“ meinte Daniel und nahm einen ordentlichen Schluck Bier, „und do kimmd dann meisdns a rechd a Bledsinn assa.“
„Nein, nicht immer,“ widersprach das kleine Gerücht. „Dieser Journalist hat in der Vergangenheit so viele Unwahrheiten über dich geschrieben, so dass wir in der Gerüchteküche beschlossen haben, dass diesmal ich mich bei ihm festsetze, denn ich bin ein freundliches Gerücht.“
„Des mechd i amoi dalem, dass iba mi a freindlichs Grüchd gibd,“ brummelte Daniel, während er an einer Pizza-Ecke abbiss.
„Du wirst sehen,“ lächelte das kleine Gerücht. „Ich muss jetzt gehen, denn ich muss wachsen und gedeihen, damit ich bald in der BLÖD zu lesen bin.“ Und schon war es verschwunden.
Daniel beschloss, weder Freunde anzurufen noch TV zu gucken, denn anscheinend war er so gestresst, dass Kühlschrank, Sofa und sogar ein Gerücht mit ihm Unterhaltungen führten. Er empfand sich als Fall für’s sofortige Schlafengehen... Am nächsten Morgen klingelte das Telefon. „Hast du schon die BLÖD gelesen?“ rief eine vertraute Freundesstimme. „Naa, i bin grod ersd afkemma und han seadsam dramd,“, murmelte Daniel. Ruckartig setzte er sich auf: das kleine Gerücht! Es wollte doch wachsen und gedeihen und in der BLÖD zu lesen sein. Er zog sich irgendwas an, schnappte Geld und Schlüssel und rannte zum Kiosk.
Tatsächlich, zwar ganz unten links, aber auf der Titelseite: KÜBLBÖCK: SEINE HAUSHALTSGERÄTE UND MÖBEL SPRECHEN MIT IHM! „Des werd doch assa zum kreagn sa, wos fiara Idiot so an Scheiß schräbd,“ dachte er.
Natürlich bekam Daniel es bald heraus. Er lud den Idioten gleich zum Exklusiv-Interview ein, um ihn selbst, seinen Kühlschrank und sein Sofa zu interviewen. Der Journalist kam zusammen mit einem Fotografen. Sie wittern also eine große Story, dachte Daniel. Die Pizzeria hatte zu, aber er sah Tonio, wie er im Hinterzimmer Fernsehen guckte. „Kim a moi zu mir her,“ bat er ihn grinsend. Tonio fand Daniels Wunsch ungewöhnlich, dass er bei einem Interview dabei
sein sollte, aber bitte, für so einen lieben Nachbarn wie Daniel ging er eben mit in Daniels Wohnung.
Big Brother / Foto:  Endemol Die Show begann. Daniel öffnete den Kühlschrank und begrüßte ihn: „Hallou! Wae geht’s daran?“ Außer dem üblichen Kühlschrank-Summen tat sich nichts. „Amend probiasd as amoi!“ schlug Daniel dem Journalisten vor. Der öffnete den Kühlschrank und der brummte sofort empört los: „Iiih, was hast du denn für eine widerliche Visage, wenn ich Lebensmittel enthalten würde, würde ich jetzt kotzen!“ Der Fotograf hielt fasziniert drauf und schoss ein Foto nach dem anderen, der Journalist schloss entsetzt den Kühlschrank. Er war kalkweiß im Gesicht.
„Was ist denn los?“ fragten Daniel und Tonio.
„Ja, habt ihr nichts gehört?“ Die Stimme des Journalisten bebte, seine Lippen zitterten. Der Fotograf schaute grau und still aus. Daniel und Tonio schüttelten die Köpfe.
„Hosd ebbs gherd?“ Tonio zuckte mit den Schultern.
„Nein, nix, hast du gehört?“ „Naa,“ lächelte Daniel.
„S` Kanapee soi a gschmazd hom, stehd do in da Zädung!“ rief er und warf sich in voller Länge darauf. Das Sofa machte nur ein normales Geräusch, das jedes Sofa macht, wenn sich ein Mensch darauf wirft.
„Eidz hand Sie dro!“ forderte Daniel grinsend den inzwischen am ganzen Körper zitternden Journalisten auf. Der setzte sich zaghaft darauf, das Sofa brüllte: „Du Fettsack! Nimm ab, bevor du mir zu nahe kommst!“ Der Fotograf schoss eine Serie und der Journalist brach weinend zusammen.
Tonio nahm dem Fotografen die Kamera ab, griff Daniels Telefon und verkaufte die Geschichte: „Habe toll Story mit gute Freund Daniel als Held, dumme deutsche Journalist kommt in Klapsmüll, weil hört reden Kühlschrank und Sofa – und grande Pizza Daniel speziale von Tonio wird weltberühmt!“
Daniel ging ein bisschen abseits, um noch etwas Ruhe zu haben, bevor sie alle kommen würden mit ihrem Blitzlichtgewitter und den immer gleichen dummen Fragen. Da sah er einen großen Kater auf einer Gartenmauer sitzen, der ihn unverwandt anstarrte. Er hatte fast so runde Augen wie das kleine Gerücht.
„Wenn wir Gerüchte wahr werden, dürfen wir weiterleben,“ sagte der Kater. „Du hörst mich jetzt zum letzten Mal sprechen. Mach’ es gut, Daniel.“ Er verschwand von der Gartenmauer und Daniel hörte ihn an einer Terrassentür maunzen und er hörte eine Frau sagen: „Ach du armes hungriges Kätzchen,“ und wusste, dass das kleine Gerücht ein gutes Zuhause als lebendes Wesen gefunden hatte.
Am nächsten Tag las er in der Zeitung, dass alle Leute die grande Pizza Daniel speziale essen wollen und dass Tonio big im Business ist. „Dann moa a ma amend doch a boor Tiefkühl-Pizzn ins Gfrierfach doa,“ dachte er, „, wa mit ‚bring ich dir in 10 minuti’ gehd beim Tonio eidz woi nix mea.“
Nina Dorfmüller · Beatrix Lemberger
Foto: © Endemol
 
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