Eine gute Zeit
Es ist doch immer dasselbe mit der S-Bahn: Gerade dann, wenn man es eilig hat,
so wie ich, als ich zum Münchner Hauptbahnhof fuhr, um mich dort
mit der Gruppe von Faniels zu treffen, mit denen ich zu Daniels
Konzert nach Erfurt fahren wollte, bleibt sie, wie es scheint, eine
Ewigkeit auf offener Strecke stehen. Eine Zerreißprobe für meine
Nerven, aber zum Glück war ich dann doch noch rechtzeitig am Hauptbahnhof,
und alles ging gut. Mit zehn Leuten waren wir eine fröhliche große
Gruppe, die nach mehrmaligem Umsteigen (das erste Mal war in Nürnberg
und wir hatten Gelegenheit, ein paar Geschenke für Daniel zu kaufen)
schließlich Erfurt erreichte. Vor der Halle traf ich mehrere Bekannte,
von Alice, bei der ich nach dem Konzert übernachten wollte, fand
ich allerdings noch keine Spur.
Wie jedes von Daniels Jazzkonzerten
begann auch dieses mit "The Lady is a tramp". Das rote Hemd und
die schwarze Hose, die Daniel trug, standen ihm sehr, sehr gut,
und seine Stimme fand ich heute besonders umwerfend- so gereift,
so voll und tief, so warm. Als Nächstes sang Daniel "All of me"
und danach "Good Time". Von der Melodie her war das nie mein Lieblingslied,
aber der Text sagt genau das aus, was man auf Daniels Konzerten
eigentlich immer hat: eine gute Zeit. Besonders gut gefiel mir diesmal,
wie er am Schluss immer das "happy and wild and free" wiederholte.
Es folgte ein sehr gefühlvoll gesungenes "Warum" und danach kündigte
Daniel "Unchained Melody" an. Als schon nach dem Wort "Unchained"
Beifall kam, meinte Daniel, dass das ja auf Bayrisch so klingt wie
"anscheinend". Er sang also "Unchained Melody", und diesmal berührte
mich der Song mehr als je zuvor. Als Nächstes kam "As time goes
by" und dann der Klassiker "You drive me crazy", bei dem er das
Publikum mitsingen ließ. Danach kam "Cheek to cheek", wobei Daniel
den Mittelgang hinunter kam und mehreren Fans die Hand schüttelte.
Überhaupt herrschte eine sehr gute Stimmung bei diesem Konzert,
Daniel strahlte und es war so eine Nähe zu spüren. Nun kam die Pause,
in der ich weiter nach Alice suchte und immer nervöser wurde, aber
schließlich fand ich sie, oder besser gesagt, sie fand mich. Nun
war also alles in Ordnung. Nach der Pause ging es weiter mit "Sunny".
Danach erzählte Daniel etwas von der dunklen Seite der Macht und
meinte, er wolle auch mal einen dunklen Song singen, und zwar "The
girl from Ipanema". Wie erwartet kam er auch auf die Sache mit dem
Fanclub zu sprechen; er erklärte, es sei seine eigene Idee gewesen,
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um intensiveren und persönlicheren Kontakt zu den Fans zu bekommen
und ließ auch die Fanclubleiterin Lucille zu Wort kommen, die die
Arbeit des Fanclubs erklärte und dass jeder an den Aktionen teilnehmen könne.
Einer der Höhepunkte war zweifellos, als Daniel zusammen
mit dem Gitarren-Stefan im Duett "Me and my shadow" sang. Sehr schön
war auch "Somewhere over the rainbow". Bei "Mack the knife" stand
er von seinem Hocker auf und tanzte. Danach kam "Autumn leaves"
und dann "Hey". Wie immer war dieses Lied auch diesmal für mich
der absolute Höhepunkt. Es berührte mich so, dass mir Tränen in
die Augen stiegen; es löste gleichzeitig ein Glücksgefühl in mir
aus, aber auch ein ebenso großes Verlustgefühl, weil es dieses Lied
nicht auf CD gibt. Nach "Hey" sang Daniel "I wanna be loved by you"
und schließlich "Fly me to the moon". Bei der Bandvorstellung machte
er einen drolligen Versprecher, als er seinen Bassisten als den
"Mann am Bassisten" vorstellte, und als er von Bläsern redete und
alles lachte, meinte er: "Also das hätte ich nicht von euch gedacht."
Als Zugabe gab es zweimal "Born in Bavaria" und zum Schluss "My Way". Dabei
ging Daniel wieder ins Publikum und gab mehreren Fans die Hand,
diesmal auf der anderen Seite; bis zu mir kam er aber leider nicht,
ich saß zu weit hinten.
Das wunderschöne Konzert war nun leider
zu Ende, aber der Abend noch nicht, denn nun ging ich mit Alice
und ihrem Freund ein Stockwerk höher zur ASP. Wenig später tauchte
tatsächlich Daniel auf der Party auf, so wie er es zu Konzertende
spontan versprochen hatte, begleitet von seinem Team und seiner
Band. Diesmal machte er sogar Fotos mit den Fans; ich wollte auch
gerne hingehen und ein Foto machen oder ein paar Worte mit ihm wechseln…
und ehe ich mich versah, stand ich auch schon neben Daniel und bekam
natürlich kaum ein Wort heraus, außer der leisen Frage, ob ich auch
ein Foto mit ihm machen dürfte. Lächelnd stimmte er zu, und jemand,
der sich später im Forum als Sabst herausstellte, machte das Foto
von Daniel und mir. Den Rest des Abends verbrachte ich mit einem
glücklichen Strahlen im Gesicht, wie mir Alice später bestätigte.
Anschließend saß Daniel noch eine Weile mit seinem Anhang an einem
Tisch, wurde aber leider ziemlich von einigen Fans belagert. Als
kleine Ablenkung begann jemand eine Polonaise, an der sich auch
die Bandmitglieder und für eine Runde auch Daniel beteiligten. Und
einmal ging er nach vorne zum DJ und sang zusammen mit den Fans
"Born in Bavaria". Als er dann schließlich die Party verließ, gingen
Alice und ich kurz darauf auch, denn wir hatten noch eine Weile
Fahrt vor uns bis zu Alice nach Hause, wo ich übernachten würde.
Für mich war es eins der allerschönsten Konzerte der letzten Zeit
gewesen und ein ganz besonderes und unvergessliches.
Text: Nina Wiatrowski
Foto: Karin Bejvl/Im Endeffekt
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