Es ist der zweite Samstag im Juli, der Himmel hat das Lumpengrau der letzten
Wochen endlich abgelegt und erstrahlt in seidigem Blau. Wer möchte
da nicht einfach nur im Freien sein und die Sonne genießen? Überraschenderweise
sind dies so einige. Denn im Nürnberger IMAX drängt sich eine schwitzende,
schwatzende Menge im vergleichsweise düsteren Basement zum Sektempfang
mit Daniel Küblböck, der heute in einer Kino-Premiere seine "Jazz
Night"-Livekonzert-DVD präsentieren wird. Nach Schampus, Signier-
und Fotosession zieht die Gruppe in lockerer Formation zum Cinecitta,
wo sich rasch eine Schlange bildet, die sich nur langsam in den
gut 400 Zuschauer fassenden Kinosaal ergießt. Doch schlussendlich
ist jeder Platz besetzt, und mit einiger Verspätung kann es los gehen.
Daniel Küblböck betritt unter Beifall die Bühne, um seine
Gäste zu begrüßen. "Diese DVD, meine Damen und Herren, ist nicht
die Fortsetzung von 'Daniel, der Zauberer!'", erklärt er augenzwinkernd
in Erinnerung an seinen halbdokumentarischen Film (Regie: Ulli Lommel),
der künstlerisch viel interessanter war als kommerziell. Dann schaut
er hinter den hellgrünen Vorhang, um festzustellen, dass die Leinwand
vorhanden sei und man somit beginnen könne.
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Das Licht geht aus, der Vorhang öffnet sich, die Spannung steigt. Es erscheint das DVD-Startmenu,
Sekunden werden zu Minuten, doch nichts weiter geschieht, bis Daniels
Stimme ertönt: "Hat mal jemand eine Fernbedienung?" Der Filmvorführer,
vom allgemeinen Gelächter offenbar aufgewacht, bewegt den Cursor,
und ein Mausklick lässt uns augenblicklich in die Atmosphäre des
vorweihnachtlichen Stuttgarter Mozartsaals eintauchen, wo acht in
edlen dunklen Zwirn gewandete Musiker sich Kontrabass, Querflöte,
Steinway-Flügel, Trompete, Saxophon, Schlagzeug, Gitarre und Mikrofon
zuwenden. Doch ganz so feierlich bleibt es nicht lange. Schnell
wird deutlich, dass diese Konzert-DVD nicht nur durch Swing-Jazzmusik,
sondern auch durch erheiternde Sprecheinlagen unterhalten wird.
Und das ist gut so, denn Daniel Küblböck ist durch und durch Entertainer,
und es gelingt ihm spielend, sein Publikum zwischen gesanglich respektabel
interpretierten Jazzklassikern, wie "The Lady is a Tramp", "All
of Me", "As Time goes by" und "Cheek to Cheek" mit Anekdötchen und
witzigem Mienenspiel zum Lachen zu bringen.
Räumliche Grenzen verwischen:
Die optische und akustische Qualität der DVD lässt die Fangemeinde
offenbar vergessen, dass sie nicht 'live in concert' ist. Es gibt
viel Gesang, Gelächter und Szenenapplaus bei dieser Filmvorführung
mit Livekonzert-Flair. Man amüsiert sich bestens. Doch es wird nicht
nur gelacht, denn die gefühlvolleren Songs, à la "Unchained Melody"
und "Somewhere over the Rainbow", vor allem aber eigene Stücke wie
"Warum" und "Hey", gehen den Fans unter die Haut, und man sieht
im Konzertsaal auf der Leinwand ebenso wie im Kino so manches Auge feucht schimmern.
Gelungen sind auch die Gesangsduette von Daniel Küblböck mit Sängerin Christina
Jung und Gitarrist und Sänger Stefan Schuricht. Überhaupt wirkt
das Zusammenspiel der Musiker sehr harmonisch, und alle scheinen
ihren Spaß zu haben. Nach dem aktuellen Single-Titel "Born in Bavaria"
als Zugabe endet das Konzert, nicht jedoch die DVD-Vorführung, denn
es erwarten den Zuschauer noch zwei Überraschungen als Bonus, zum
einen ein Interview mit Daniel Küblböck zum anderen der 2005 aufwändig
produzierte Videoclip zur geplanten, jedoch nie veröffentlichten
Single "The Beast in Me". Der Kontrast zwischen dem eleganten Daniel
von Ende 2006 – brillenlos und mit Kurzhaarfrisur – und dem langhaarigen,
wilden Teenager in gelb-pinkem Glam-Rock-Outfit mit legendärer Kübi-Brille,
der im Clip bei einem Gala-Diner der Queen auf den Tischen des renommierten
"Le Meridien" tobt, könnte größer nicht sein. Doch, und das ist
das Interessante an diesem Tausendsassa: Beide Daniels überzeugen
auf ihre Weise, und der Schalk blitzt auch dem heutigen noch aus
den strahlenden Augen. Humor hat man oder nicht. Und wenn man ihn
hat, sollte man ihn pflegen. Recht so, Daniel!
Fortsetzung
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