Telefoninterview mit Gabi Decker
Fortsetzung von Seite 21
IE: Wie kommen Sie selbst mit Verunglimpfungen zurecht? Muss sich eine öffentliche
Person alles gefallen lassen?
Decker: Nicht alles. Aber wenn etwas preisgegeben wird, dann ist mit
öffentlichen Reaktionen zu rechnen. Die meisten Zeitungen sind nur bis
zum nächsten Tag etwas wert, dann wird der Fisch drin eingewickelt.
IE: Wie hat sich Ihrer Ansicht nach der Humor
in den letzten Jahrzehnten gewandelt? Vor allem im sogenannten "Unterschichtenfernsehen"
(Zitat H. Schmidt) wütet ja der Brachialhumor. Ist das Publikum
für die feine Klinge und subtilen Humor nicht mehr aufnahmefähig?
Decker: Von den Komikern, die diesem Brachialhumor frönen, schwimmen nur
noch wenige im Teich. Ich möchte da auch keine Namen sagen. Nur
soviel, ich habe schon viele Leichen an mir vorbei schwimmen sehen.
IE: Gibt es für Sie einen Unterschied zwischen Kabarett und Comedy?
Decker: Natürlich, ich mache Comedy. Kabarett ist politisch, wie zum Beispiel
Richling o.ä. Comedy bezieht sich auf das Leben.
IE: Gibt es einen Komiker, Kabarettisten, den Sie verehren oder als Vorbild sehen?
Decker: Ein Vorbild so gesehen nicht. Es ist die Aufgabe eines Comedian, die Leute zwei
Stunden zum Lachen zu bringen. Comedy gibt es schon sehr lange.
Wenn mir jemand von "Früher" einfällt, ist das zum einen Hans-Werner
Olm und dann Jürgen von der Lippe. Die einen unterhalten können.
Unterhaltung machen und einen vom Alltag wegkriegen. Intelligente Unterhaltung.
IE: Wann bleibt Ihnen das Lachen im Hals stecken und worüber
haben Sie das letzte Mal so richtig Tränen gelacht?
Decker: Im Halse stecken...hm...bei diesen ganzen Kinderschändern, die für Ihre
Taten manchmal mal grade 3 Jahre bekommen. Bei Tierquälerei bekomme ich den absoluten Hals.
Dann was sich so in den Altenheimen entwickelt.
IE: Diese drei Punkte finde ich interessant, ich selber mochte Ingo Appelt früher sehr
gern. Habe aber nach etlichen in diese Richtung gehenden Äusserungen Abstand genommen.
Decker: Ja. Ich selber habe über meine an Alzheimer erkrankte
Mutter schon Comedy gemacht. Aber so, dass es mir nicht übelgenommen
werden kann, vor allem als Betroffene, und wie ich das Thema angehe
und wiedergebe. Also nicht solche Sachen, wie sperrt sie weg oder
schläfert sie ein, sondern auf die Art des Humors kommt es an. Manche
versuchen einen Gag zu machen, der kommt auch an, ist aber auch
sehr schnell wieder vergessen.
IE: Wie ist es zu Ihrem Engagement für die "Schwulen-
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beratung Berlin" gekommen? Sie sind ja deren Schirmherrin.
Decker: Die Schwulenberatung Berlin ist vor 3-4 Jahren an mich rangetreten.
Haben mir Ihr Konzept vorgestellt. Und da es nicht nur um Aids geht,
sondern um die Probleme der Schwulen, u.a. was passiert beim Coming
Out in der Familie, wenn der Vater dem Sohn die Koffer vor die Tür
stellt, damit diese dann nicht auf der Straße stehen oder ebenso
ältere, alte Schwule, da gibt es ein Altersprojekt. Das ist ein
"Rundumschlag", die machen nicht nur eine Sache, sondern sind in
vielen Bereichen tätig.
IE: Aids ist ja eigentlich kein schwules Problem, aber für viele Menschen, ist
Aids=schwul. Aber an Aids erkranken nicht Schwule, sondern auch
Kinder, Frauen, Heteros.
Decker: Genau und da setzen wir an. Aids ist
kein schwules Problem, sondern es geht alle an. Aids trifft nicht nur Schwule!
IE: Ach was? Natürlich nicht!
Decker: Ja! Ach was! Es kann jeden treffen, der nicht aufpasst.
IE: Engagieren Sie sich auch noch zusätzlich zu der Gala zugunsten des
"Regenbogenhauses" für die "Schwulenberatung Berlin"?
Decker: Ja, das ganze Jahr über.
IE: Da ich jetzt nun schon eine Weile mit Ihnen plaudere, darf noch eine
Frage erlaubt sein, die bei uns diskutiert wurde: Wenn man sich die Beschreibung Ihrer
Programme durchliest, dann klingt das ziemlich aggressiv: "bissige
Ironie", "ihre Zunge ist scharf wie eine Guillotine", "Gags kommen
direkt aus der Hölle, "Pointen scharf wie ein Sushimesser", "ihre
Gags heilen nur langsam"... Haben Sie noch Freunde oder können
Sie eine strikte Trennung von Beruf und Privatleben realisieren?
Decker: (lacht erstmal laut) Ja, klar. Ich bin nicht die ganze Person,
die so in der Öffentlichkeit steht. Es wäre ja sehr sehr schade,
wenn Freunde, die ich mittlerweile 20 Jahre kenne, wegen meiner
öffentlichen Person Abstand nehmen. Die alten "Schärgen" kennen
mich und wissen wer ich bin.
IE: Das öffentliche Bild, die Medien und dem gegenüber die Privatperson Gabi Decker.
Decker: Ja, genau.
IE: Wie bei Herrn Küblböck, da herrscht zu weiten noch, er könne nicht
singen. Immer noch.
Decker: Ich freue mich auf seinen Auftritt. Auf texanisch-bayrisch.
IE: Danke für das schöne Interview Frau Decker.
Decker: Ja, ich danke auch und wünsche Ihnen einen schönen Tag.
IE: Wünsche ich Ihnen auch, bis nächste Woche.
Decker: Bis nächste Woche in Berlin.
Text: Bettina Kathage (Telefoninterview 18.09.2007)
www.gabidecker.de
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