Mir sollten sämtliche Wunder begegnen
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Zeichen eines Wirtschaftswunders (...) verpasst, verstand nicht, dass mit Währungsreform, regelmäßiger Nahrung, geheiztem Schlafzimmer eine auf Keuschheit bedachte Betulichkeit Einzug gehalten und das Unfassliche des Vorhergegangenen ignoriert, abgeschrieben und verdrängt hatte.“ (S. 281 f.).
Auch mit ihrem nächsten Film, „Nachts auf der Straße“ als Partnerin von Hans Albers, ändert sich nichts. Knef, die als „Frau mit Vergangenheit“ gilt, die so gar nicht passen will in das Bild der bieder-betuchten Hausfrau, die sich sexy gibt und selbständig, wird jetzt als Bedrohung empfunden für den gesellschaftlichen Frieden der Adenauerzeit. Sie beginnt ein Nomadendasein, zieht von Deutschland in die USA, von dort zurück nach Europa, dreht in London, in Hollywood, und wieder in Deutschland.
Schließlich erreicht sie der Erfolg Mitte der 50er Jahre in New York: mit Cole Porters Musical „Silk Stockings“ (Seidenstrümpfe, angelehnt an Ernst Lubitschs Meisterwerk „Ninotschka“ von 1939).
Jetzt ist sie wieder wer, kehrt nach Berlin zurück, wird triumphal empfangen – und dreht ein paar nichtssagende Streifen mit der neuen Ufa. Großen Erfolg hat sie damit nicht, aber dafür lernt sie Ehemann Nr. 2 kennen, den sieben Jahre jüngeren Briten David Cameron.
Cameron ist es, der Hildegard Knef diszipliniert, der sie dazu anhält, es neben der Schauspielerei auch mit dem Singen zu versuchen. Bei ihm erlebt sie Sicherheit, Geborgenheit und Antrieb, Cameron fällt es nicht schwer, beruflich hinter den Erfolg seiner Frau zurückzutreten. Und sie lernt, sich zu befreien von der Abhängigkeit von den Filmproduzenten. Ganz im Zeichen der Emanzipation der sechziger Jahre beginnt sie bald damit, nicht nur fremde Lieder zu singen, sondern auch ihre eigenen Texte zu schreiben.
Mich fern von Altem neu entfalten, von dem was erwartet, das meiste halten.
Den Beginn ihrer Sängerkarriere markiert ein weiterer Staudte-Film, „Die Dreigroschenoper“1962, in dem die Knef die Rolle der Seeräuber-Jenny übernimmt, und kurz darauf eine Single mit zwei Titeln aus dem Film herausbringt, darunter auch das Moritat von Mackie Messer. Den endgültigen Durchbruch als Sängerin erlebt sie ein Jahr später in der ARD-Fernsehshow „Hildegard Knef – ein Leben in Musik“. Und auch, wenn sie weiterhin Filme dreht oder Theater spielt, so wird doch das Fernsehen zu ihrer neuen Bühne, in vielen Musikshows ist sie Dauergast.
Auch eine musikalische Tournee durch die Republik wird ein großer Erfolg. Ende 1966 lernt Hilde den Musiker, Komponisten und Pianisten Hans Hammerschmid kennen, und mit seiner Hilfe erreichen ihre Lieder eine neue Qualität. Sie löst sich von den Schlagern, die sie vorher gesungen hat, und entwickelt ihren eigenen Stil. Cameron unterstützt sie dabei, er wird für die nächsten acht Jahre ihr Produzent.
1968 ist es dann soweit: Hammerschmid vertont die „Roten Rosen“, im Oktober des Jahres erhält Hilde die
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Goldene Schallplatte für zwei Millionen verkaufter LPs.
Hilde, die nur vier Monate zuvor mit 42 Jahren zum ersten Mal Mutter geworden war, startet eine triumphale Tournee durch die Bundesrepublik, begleitet wird sie vom Unterhaltungsorchester Kurt Edelhagen. Am Ende des Jahres wird sie von den Lesern der Zeitschrift „Musikmarkt“ noch vor Chansonniere Alexandra zur besten Interpretin des Jahres gewählt. Sie ist jetzt auf der Höhe ihrer musikalischen Karriere angekommen.
Hildegard Knef wäre nicht Hildegard Knef ohne die Kontroversen, die sie auslöst. Auch 1968 noch ist es keineswegs normal, als 42-Jährige noch Mutter zu werden, und insbesondere die Springer-Presse, Zentralorgan des spießbürgerlichen Zeitgeistes seit eh und je, erregt sich darüber. Den Zorn der Verfechter von Sitte, Anstand und Moral zieht sie sich auch deshalb zu, weil sie konsequent ihre Karriere weiter verfolgt, anstatt brav zuhause rosa Babywäsche zu häkeln und Windeln zu waschen. Zurück zieht sie sich dennoch für ein paar Monate: Sie verfasst ihr erstes Buch, die Autobiographie „Der geschenkte Gaul“ - und trifft erneut den Zahn der Zeit. In ihrer Geschichte finden sich viele Deutsche wieder, die als Kinder und Jugendliche das Dritte Reich erlebten, und als junge Erwachsene die Nachkriegsjahre. Knef thematisiert das Verdrängen dieser Zeit, sie gibt denjenigen eine Stimme, die schuldbeladen aus dieser Zeit hervorgingen, die sich schämten für das, was geschehen war, aber schwiegen zu ihrer eigenen Rolle darin. Das Buch wird 1970 zu einem Mega-Erfolg, und gehört bis heute zu den meistverkauften Werken in deutscher Sprache nach dem Zweiten Weltkrieg.
1975 legt sie noch eins drauf, es erscheint „Das Urteil“, eine präzise Beschreibung ihrer Krebserkrankung. Wieder diskutiert die Nation. Hildegard Knef indessen trennt sich nach 15 Jahren Ehe von David Cameron.
Und später, sagte ich noch, ich möcht' verstehen, viel sehen, erfahren, bewahren
Sie dreht weiter für Film und Fernsehen, sie muss weiter künstlerisch tätig bleiben, denn sie ist hoch verschuldet. Weiterhin bietet sie ihrem Publikum eine Projektionsfläche, polarisiert durch ihr immer in der Öffentlichkeit wiedergespiegeltes Leben, teilt ihre Erfolge genauso wie ihr Leid. Das macht sie den Menschen sympathisch, und sie avanciert nicht zuletzt durch die Überwindung ihrer Krebserkrankung und einen darauf folgenden Drogenentzug zum Symbol einer Stehauf-Frau, die sich nicht vom Leben unterkriegen lässt.
So was hat Vorbildfunktion, und so verzeiht man ihr 1977 auch ihre dritte Ehe mit Paul von Schell, der 15 Jahre jünger ist als sie selbst.
In den 80er Jahren zieht es sie erneut in die USA; in Los Angeles will sie endlich mehr Privatleben, sich mehr um ihre Tochter und um ihren Ehemann kümmern. 1989 kehrt sie nach Berlin zurück, Geldsorgen zwingen sie dazu, alles an Filmrollen anzunehmen, was sie noch bekommen kann.
Zeitweilige finanzielle Entlastung bringt ihr 1992 die Extrabreit-Coverversion der „Roten Rosen“, die sich 46 Wochen lang in den deutschen Charts hielt, danach ist sie wieder im deutschen Fernsehen vertreten wie zu ihren
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