Ein Farbklecks im CD-Regal
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Irgendwann kann man vielleicht nur noch den Erinnerungen an diese gemeinsame Zeit nachhängen. Denkt der andere auch noch daran? In "Kannst du nicht verzeihen?" besingt Daniel traurig, aber kraftvoll die Fragen und die Trauer, die nach dem Ende einer Beziehung aufkommen, untermalt von sanften Klavier- und Celloklängen und einem schönen Gitarrenpart. Der Geliebte verhielt sich „eiskalt“, obwohl man selbst an die gemeinsame „Liebe geglaubt“ hat. Jetzt will man eine ehrliche Antwort: „Gibt's nur dich? Das kann nicht sein. Sei mal ehrlich, du kannst mir nicht verzeih'n?“ Daniel Küblböck hatte dieses Lied als Ausblick auf das neue Programm schon beim letzten Konzert vor der Sommerpause live vorgestellt. Das folgende Lied "Twittern" ist ein beschwingter Ohrwurm, auf den sich bei Daniels Konzerten sehr gut tanzen lässt. In dem witzigen Text erfährt der Hörer, dass es bei einem virtuellen Flirt über die Internetplattform heiß hergehen kann. Tage, die man am liebsten vergessen möchte, weil alles schiefging, was man sich vorgenommen hat, hat jeder mal erlebt. Unter anderem um solche Tage geht es in Daniels Song "Systemfehler". Mit Hilfe der technischen Metapher des Computers rät er, sich Zeit zu nehmen, seine Einstellung zu überdenken, die „Festplatte“ zu entrümpeln und von Viren zu befreien, um wieder klar zu sehen. Dann soll man sich trauen, das Gedachte auch zu verwirklichen: „Hör' auf nur zu reden, setz' Ideen auch mal um“. In eine ähnliche Richtung geht auch die Aussage des nächsten Titels der CD, "Stillstand ist der Tod". Die Verwendung mehrerer sprachlicher Bilder im Songtext führt dramatisch vor Augen, dass Stillstand schadet, da er der Tod jeder Entwicklung ist. Begleitet von Cello und Keyboard sowie E-Gitarre im Instrumentalteil appelliert Daniel in dem pathetisch und kraftvoll gesungenen Lied allerdings auch daran, die Hoffnung auf Veränderung zum Besseren nicht aufzugeben. Es folgt der tanzbare Gute-Laune-Song "Jazz dir dein Leben süß". Den aufgezählten essbaren Leckereien kann Daniel in dem Song die „coole Schnute“ zeigen und fordert auf mit „Komm, Kontrabass, spiel' nur los [...] mit dem Beat im Takt“ den Rhythmus vorzugeben, weil auch Musik das Leben versüßen kann.
Mit "Mutter" ist Daniel ein sehr persönliches Chanson gelungen, das schlicht, aber stimmig von einer schönen Klaviermelodie und Cellobegleitung getragen wird. Es ist nicht nur eine Hommage an seine Mutter, sondern auch eine liebevolle, manchmal selbstkritische Auseinandersetzung mit Eigenschaften, die Mutter und Sohn gemeinsam sind. Um eine vom Partner getrennt lebende Mutter und ihr gemeinsames Kind geht es im Song "Mauern". Streitigkeiten haben Schutzmauern entstehen lassen, die immer höher wurden und so ihre Partnerschaft verbaut haben. Die im Weg stehenden Mauern wieder abzutragen, ist ein schwieriger Prozess. Musikalisch wurde "Die Nacht wird schwarz" im Elektropop-Stil umgesetzt und erinnert so an Daniels Album "Liebe Nation", bei dem er auch schon als Komponist und Texter mitgewirkt hat. Im Song werden mehrere aktuelle, von uns Menschen verursachte Probleme thematisiert: Angesichts von Erderwärmung,
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Umweltverschmutzung und wirtschaftlichen Problemen sucht man nach menschlicher Wärme und stellt sich die Frage nach einem Neuanfang: „Wann wird denn wieder alles neu? Wann wird der Fluss mit klarem Wasser fließen?“. In "Ich will mich nicht festlegen" geht es, von Daniel sehr berührend zu sanften Gitarren- und Keyboardklängen gesungen, um einen inneren Zwiespalt: Zunächst wird um Verständnis dafür gebeten, für die Beziehung die eigene Persönlichkeit mit allen Eigenheiten nicht aufgeben zu wollen („Ich will nicht an Ketten sein. Ich will mich nicht ändern müssen, nur für dich“), auch wenn es bedeuten kann: „Ich bin nicht nur treu.“
Dann steht dagegen der Wunsch nach mehr Nähe im Vordergrund, die einen schwach werden lässt und stark genug zugleich, sich vielleicht doch zu ändern („Vielleicht kannst du mich ändern, vielleicht machst du mich stark“). "Die Jahre" ist ein Ohrwurm zum Mittanzen und Feiern mit der Botschaft, beim Blick in den Spiegel die vergangenen Jahre zu akzeptieren. Das Alter und alle Erfahrungen, die man sammeln konnte, haben uns zu einzigartigen Menschen werden lassen. „Denk' nicht zu viel, das Leben hat seinen Sinn!“ Jung ist man im Kopf. Beweisen muss man sich jetzt nichts mehr, aber „viel erleben“, um sein Ziel zu erreichen.
Erfahrungen spielen auch im nächsten Song eine Rolle. Der rockige Song "Normal warst du nie", der am 4.9.10 in "KÜBLBÖCK'S TALK NIGHT" Live-Premiere hatte, eignet sich mit dem betonten Beat ebenfalls gut zum Tanzen. Daniel singt darin von einigen Mode- und Styling-„Sünden“, die sicher jeder auch mal mitgemacht hat. Zumindest bei dem beispielsweise im Songtext erwähnten Schottenrock kann man eine autobiographische Inspiration von Daniel vermuten. Immerhin hat das als „hip“ empfundene Styling aber eine „Augenweide“ aus einem gemacht. Rückblickend lautet das Fazit dann auch gerne: „Normal warst du nie, warst anders als der Rest [...], warst ein Farbenklecks.“
Ein Farbklecks im CD-Regal ist auch Daniel Küblböcks Studioalbum "Schrebergarten". Denn es ist eine CD, die laut den Homepage-News vom 31.5.10 „100% Daniel Küblböck“ sein sollte. Nicht nur als klasse Sänger oder durch seine eigenen, sehr persönlichen Texte über das, was ihm am Herzen liegt, ist ihm das gelungen. In Zusammenarbeit mit Breitenstein und guten Musikern kann er auch musikalisch verschiedene Seiten von sich zeigen - bis hin zu schön komponierten Details. Und gerade das macht den Charme dieses Albums aus, dass es keine festgelegte Richtung hat, sondern ein „bunter Strauß“ aus sehr unterschiedlichen Songs ist, die Daniel als vielseitigem Künstler, der er ist, gerecht werden.
K. Betz
CD-Cover: Positive Energie GmbH
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