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Kunterbuntes 1/10
Januar 2013
„Diez años Kúblbóck – Ich versteh’ nur Spanisch“
Eine Bahnfahrt zwischen anfänglichen Zweifeln, vielen Überraschungen und großer Begeisterung
Es ist Sonntagvormittag. Ich sitze im Zug von München zurück ins Ruhrgebiet. Fast sechs Stunden Fahrt liegen noch vor mir. Nachdenklich blicke ich aus dem Fenster, nehme wahr, wie Felder und Wiesen in leichtes Grau gehüllt, scheinbar an mir vorbei fliegen.
Auf dem Boden liegt meine Tasche und darin die CD „Diez años Kúblbóck …“. Bisher noch ungehört. Die Songs kenne ich nun schon. Gestern hat Daniel sie bei seinem Jubiläumskonzert in München vorgestellt und mich damit begeistert. Live ist er für mich unschlagbar! Und plötzlich hege ich Zweifel, ob die Studioversionen der neuen Songs bei mir auch so gut ankommen werden wie die Live-Versionen.
Zögernd beginne ich in meiner Tasche nach der CD zu wühlen. Ich betrachte das Cover. Daniel mit nachdenklichem Blick in einer Bar, eine Tasse Kaffee vor sich. Es ist ein Schwarz-Weiß-Foto, durchbrochen von zwei Farbklecksen in Form zweier hellgrüner Teelichthalter und einer roten Blume im Vordergrund. Der Schriftzug „Diez años Kúblbóck – Ich versteh’ nur Spanisch“ ebenfalls in rot und hellgrün gehalten. Das ganze Bild strahlt Ruhe und Besonnenheit, vielleicht auch ein bisschen Verträumtheit, aus. Es wirkt einladend, irgendwie fast vertraut. Kurzfristig habe ich das Gefühl, genau in dieser Bar selbst schon einmal gewesen zu sein. Das ist natürlich völliger Quatsch und ich schüttle über mich selbst den Kopf.
„Diez años Kúblbóck - Ich versteh’ nur Spanisch!“ Na toll, entiendo muy poco español – ich verstehe wirklich nur ein ganz kleines bisschen Spanisch! Und jetzt soll ich Musik auf mich wirken lassen, die ich nicht verstehe?
Mehr als skeptisch krame ich wieder in meiner Tasche und fördere den Uralt-Discman zu Tage, den ich mitgenommen habe, um das beim Konzert gekaufte Album auf der Rückfahrt von München zu hören. Wer hätte gedacht, dass er im Zeitalter der MP3-Player noch einmal zum Einsatz kommt. Begeistert stelle ich fest, dass er sogar noch funktioniert.
Ich lege die CD ein und drücke auf Start.
Bevor ich es mir in meinem Sitz so richtig schön gemütlich machen kann, dringen auch schon die ersten Latino-Rhythmen an mein Ohr. Der gestrige Tag war unheimlich lang und die folgende Nacht dementsprechend kurz. Ich bin eigentlich hundemüde. Aber der Rhythmus reißt mich mit. Meine Füße scheinen unbedingt Cha-Cha-Cha tanzen zu wollen. Während Daniel eindringlich fordert: "No destroces mi corazón" – "Zerstöre nicht mein Herz", merke ich, wie ich hellwach werde und gleichzeitig in dem Lied zu versinken beginne. Fasziniert lausche ich der Sprache, die ich eigentlich gar nicht verstehe, und die trotzdem Wut, Trotz, Vorwürfe, Enttäuschung, aber auch Entschlossenheit und unheimlich viel Energie bei mir ankommen lässt. Das flüsternde, fast beschwörende „No destroces mi corazón – no destroces mi amor – no destroces mi vida – no destroces mi alma...” am Ende, passt sich dem Takt des über die Gleise ratternden ICEs an und holt mich langsam wieder zurück aus meiner
Versunkenheit. Ich schaue aus dem Fenster. Grau war es vorhin ja schon, aber nun hatte es auch noch angefangen zu regnen. Als ob er es beim Aufnehmen des Albums geahnt hätte, singt Daniel nun passend dazu: „Wenn du aus dem Fenster schaust – alles wirkt für dich so grau….“. Über diese Übereinstimmung muss ich lächeln. Der Song "Es regnet nur noch" hüllt mich ein, in eine angenehme und wohlige Atmosphäre. Und mir, der man im Grunde vieles schönreden kann, aber auf gar keinen Fall den Regen, gefallen plötzlich die Regentropfen, die bizarre Muster an das Zugfenster werfen. Die Sanftheit, mit der das Lied gesungen wird, wirkt beschwichtigend, macht mich irgendwie „zufrieden mit mir und der Welt“.
cover diez anos · © Positive Energie GmbH, Fotografin Nicky Gruber
Diese Zufriedenheit setzt sich dann auch mit "Solo tu", dem nächsten Song auf dem Album, fort und verwandelt sich sogar in richtig gute Laune. Es macht unheimlich Spaß, diesem fröhlichen Song zu lauschen, bei dem Daniel quasi mit sich selbst im Duett singt. Ich sehe ihn förmlich vor mir, wie er strahlt und spüre die Freude, die er an der Musik hat und daran, genau diese Freude weiterzugeben.
Dann wird es plötzlich wieder ganz sanft und romantisch. Gitarrenklänge leiten "Baila conmigo" ein. Was hatte Daniel auf dem Konzert in München gesagt? Ein Lied zum Bügeln? Also, tut mir leid Daniel, mir kommen bei diesem Song ja jede Menge Assoziationen, aber „Bügeln“ gehört definitiv nicht dazu. Der Song fängt auf wunderbare Weise die Atmosphäre eines abendlichen Strandspaziergangs ein. Ich rieche förmlich das Meer und spüre den Abendwind. Das Lied lässt mich für kurze Zeit auf meiner Lieblingsinsel verweilen. Eine Insel, die nicht „Daniels Insel“ ist und die er bestimmt nicht im Sinn hatte, als er dieses Lied schrieb. Das beweist aber mal wieder, dass Musik einfach grenzenlos ist.
Das nächste, was ich höre, ist mein Herzschlag. Nein falsch, es ist nicht mein Herzschlag.
 
Online-Magazin Im Endeffekt Ausgabe 25 · © 2003 - 2013 danielwelt.de · Impressum · Printausgabe