Bohnen, Dim Sum Yum...
Fortsetzung von Seite 6
Nach der Pause war dann Daniels Auftritt an der Reihe. Natürlich war ich total gefesselt, als Daniel mit seinem Begleiter die Bühne betrat. Die Bühnendekoration glich nun einer Waldlichtung, man merkte sofort, dass die Darsteller draußen unterwegs waren. Daniel hatte eine Laterne in der Hand und er und sein Kollege hatten jeweils eine Decke und Dosen mit Bohnen dabei (daher Bohnen). Partner Julius trug eine blaue Latzhose, Daniel nun in einer weiten Bluejeans, wie Farmarbeiter sie im Amerika der 30er Jahre getragen hatten. Dazu die Lederweste und das Karohemd.
Das Stück -frei nach John Steinbeck- hieß „Von Mäusen und Menschen“. Davon hatte ich vorher noch nie gehört. Sowohl Buch als auch Film waren mir völlig unbekannt.
Daniel kam sehr überzeugend rüber, seine Stimme klang für mich etwas anders als sonst, ziemlich tief und sehr klar und deutlich. Er spielte den Wanderarbeiter George, Julius den Lennie, seinen großen, starken, geistig etwas zurückgebliebenen Freund. Gemeinsam waren sie unterwegs zur nächsten Farm, um dort neue Arbeit zu finden. Georges Aufgabe war es, auf den liebenswerten, aber einfältigen Lennie aufzupassen. Dieser war besessen davon, alles Weiche streicheln zu müssen und hatte so schon einige Mäuse und einen Hundewelpen „zu Tode gestreichelt“.
Da beide gerade ihren Job verloren hatten (Lennie hatte das Kleid eines Mädchens berührt, was fälschlicherweise als sexuelle Belästigung aufgefasst wurde), schärfte George Lennie ein, auf der nächsten Farm am besten gar nichts zu sagen und alles ihm zu überlassen.
Während des Dialogs zündete Daniel sich eine Zigarette an, die er zur Hälfte rauchte und dann in einen Wasser- bottich (der eine Quelle bzw. den Fluss darstellen sollte) fallen ließ. George befahl Lennie, ihm den Inhalt seiner Taschen zu zeigen und tatsächlich befand sich darin eine Maus, die leider auch nicht überlebt hatte. Daniel warf eine flache Stoffmaus in hohem Bogen über den „Fluss“. Das sah witzig aus, denn die Maus landete genau dort, wo sie hin sollte.
Zum Abend haben George und Lennie ihr Lager aufgeschlagen. George hat Feuer gemacht (angedeutet mit einem Teelicht unter Zweigen), die Dosen geöffnet und die Bohnen warmgemacht. Nach dem Essen hat er sich eine weitere Zigarette angezündet. Da Daniel den älteren, klugen und dominanten Part spielte, passte das natürlich perfekt.
George hat Lennie erklärt, was für eine Belastung er doch für ihn wäre, immer müsse er auf ihn aufpassen, um Schlimmeres zu verhindern. Aber als Lennie daraufhin vorschlug sich allein weiter durchzuschlagen, merkte George, dass er ohne Lennie ganz allein wäre und nahm alles, was er gesagt hatte, zurück.
Gemeinsam träumten sie von einem besseren Leben, mit einer eigenen Farm und vielen Tieren. Und vielen Kaninchen für Lennie zum Streicheln.
Dann legten sich beide zum Schlafen auf ihre Decken und damit endete Daniels Auftritt.
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Die anschließende Szene spielte auf der Farm, die George und Lennie erreicht hatten.
Schnell wurden Heuballen dekoriert. Auf der Bühne Lennie mit der Frau des Farmersohns, die Mae genannt wurde. Sie erzählte ihm aus ihrem Leben und dass sie eigentlich Filmstar hätte werden wollen. Sie zeigte Lennie ihr Kleid, drehte sich vor ihm und erlaubte ihm schließlich, ihr Haar zu streicheln. Schon nach kurzer Zeit konnte Lennie damit nicht mehr aufhören, ihr wurde es zu viel und sie fing an zu schreien. Lennie geriet in Panik - er bekam Angst, George könnte Mae hören - und hielt ihr mit Gewalt den Mund zu. Dabei brach er ihr aus Versehen das Genick. Mae fiel zu Boden und war tot. Vor lauter Entsetzen über seine Tat floh Lennie vom Hof. Damit endete das Stück.
Es gab eine weitere Pause und alle Zuschauer wurden gebeten, den Raum zu verlassen, weil für das nächste Stück komplett umgebaut werden sollte. Ich habe mir noch einen Sekt geholt. Der junge Mann an der Bar war übrigens seeehr nett, das an dieser Stelle nur nebenbei.
Ich habe mich zu den anderen Fans gesellt und wir haben ein wenig über das Gesehene gesprochen. Dabei habe ich gemerkt, dass einige die Handlung kannten. Daniel lief an uns vorbei und lachte und wirkte auf mich irgendwie erleichtert. Auch ich war erleichtert, weil es für Daniel so gut gelaufen war und er mich als Schauspieler vollends überzeugen konnte.
Dann ging es weiter mit dem Stück „Tusk Tusk“, das in einer Berliner Wohnung spielte. Hier der Untertitel Dim Sum Yum, weil die Darsteller sich ein chinesisches Essen holen wollten. In diesem Stück war richtig Action. Die Schauspieler sprangen oft über Sofa und Tisch. Dennoch ließ meine Konzentration langsam nach. Ich musste mich ziemlich konzentrieren, den Anschluss an die Handlung nicht zu verlieren. Der Abend war doch recht lang, womit ich auf keinen Fall die Leistung der Schauspieler schmälern möchte. Alle drei Teile waren ganz hervor- ragend gespielt.
Kurz vor 23 Uhr endete die Vorführung. Alle Stücke waren glaubhaft und mit vielen Emotionen gespielt. Alle Schüler haben eine überzeugende Leistung abgeliefert, obwohl sie doch erst wenige Monate dabei sind.
Die Atmosphäre in der Schauspielschule war so, dass man sich als Zuschauer sehr wohl gefühlt hat.
Ich bin nach der Aufführung gleich gegangen, weil ich noch ein ganzes Stück mit der S-Bahn fahren musste. Für mich war es ein sehr gelungener Abend. Ich freue mich sehr, dass Daniel uns Fans an seiner Schauspielausbildung teilhaben lässt und gerne wäre ich bei der nächsten Präsentation wieder mit dabei.
Text: Heidrun Urich
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