1. Dezember, und nichts Süßes hinter dem Türchen
Fortsetzung von Seite 9
Ist wohl eine andere Aufzeichnung. Einer möchte eine hammergeile Braut kennen lernen. Der Andere hat keine Ahnung, warum er da ist. Sie fragen mich, ob ich auch überrascht werden soll. "Nein, ich bin zu einer Sendung mit "4 United" eingeladen." "Wer ist das?" Ich erkläre es ihnen. "Wenn ich den Küblböck sehe, haue ich den tot", pöbelt einer. Na toll. Für welchen der 4 ich da wäre? "Daniel!" Schweigen!
In der Eingangshalle erwartet mich Jutta. Wie schön. Wir müssen etwas unterschreiben und sollen im Foyer warten. Es wurden zu viele Gäste eingeladen, und die Räume sind entsprechend voll und stickig. Na prima, dann frieren wir eben im Foyer. Nach und nach trudeln bekannte Gesichter ein. Wir warten. Ich warte. Nichts passiert. "Haben die mich vergessen?" Dann bekomme ich die Erklärung, dass wir im Publikum sitzen sollen. Oliver Geissen wird uns eventuell ansprechen. "Mmmmh…und wann sehe ich Daniel?" So langsam beschleicht mich das Gefühl, dass ich hier fehl am Platze bin. Der Raum füllt sich. Merkwürdige Gestalten tauchen auf. Es gibt nur eine Aufzeichnung, und meine Mitfahrer sind in dieser Sendung dabei. "Was passiert hier? Wie passt das zusammen?"
Durch eine Probe von "4 United" verschiebt sich die Aufzeichnung, und die Zeit sitzt mir im Nacken. Mein Zug wird nicht warten. "Alles in Ordnung. Mach dir keine Sorgen. Alles läuft gut. Du schaffst deinen Zug", werde ich von RTL-Mitarbeitern beruhigt.
Endlich öffnet sich die Studiotür. Wir haben den Vorteil als Erstes platziert zu werden.
Die Aufzeichnung beginnt. Ein Warmuper soll uns in die richtige Stimmung bringen. Dann geht's los. Oliver erscheint und sagt das Thema der Sendung an. "Schlafräuber in der Nacht". Ach du Schreck. Was nun kommt, habe ich nicht erwartet. Na ja, ich gucke keine Talkshows und kenne dieses Niveau nicht. Jutta und ich können es nicht fassen, was da abläuft. Was für ein Trash. Zum ersten Mal bin ich dankbar, dass ich im Publikum sitze. Dann endlich ist es soweit. Ein Fan für Daniel wird angesagt. Ich bin froh, dass da nun ein junger, hübscher Faniel auf dem Sofa sitzt. Daniel betritt das Studio. Das Publikum reagiert mit Rufen und Bemerkungen. Daniel erscheint in Fellstiefeln, karierter Hose, grünem Pullunder, weißem Hemd und Apfelbäckchen. Hände in den Taschen, und er erinnert mich an einen Weihnachtswichtel. Sorry. Ich habe das Gefühl, dass Daniel sich nicht wohl fühlt in diesem Moment. Er begrüßt seinen Fan und setzt sich, Fuß auf dem Sofa, provozierender Blick ins Publikum. Seine Augen beobachten alles genau. Oliver fragt ihn nach seinen Plänen. Daniel erzählt. Ich beobachte ihn und vergesse, warum ich eigentlich hier bin. In der Werbepause stellen sich "4 United" vor ihren Mikrophonen auf. Es dauert ein bisschen. Daniel hampelt herum. Er albert mit Gracia und lacht. Ich merke, dass ich wieder dieses dämliche Grinsen im Gesicht habe.
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Dann ist die Pause zu Ende, und das Playback wird eingespielt. Daniel hebt die Hände und klatscht im Takt. Das Publikum macht mit.
Plumps, dann ist es vorbei, und ich weiß nicht so recht, was nun kommt. "Kann ich einmal Hallo sagen?" Nein, ich gehe aus dem Studio und versuche herauszufinden, wer mich nun zum Bahnhof fährt. Ich verabschiede mich von Jutta und ihrem Angebot mich zu fahren. Alles kein Problem, mein Fahrer wartet. Ich werde in den hinteren Bereich geführt. Hier ist es voll. Die Boah-ey-Typen und ihre Anhänger bedienen sich fleißig aus den Kühlschränken und warten ebenfalls auf ihre Fahrer. Geschäftiges Treiben, aber ich soll warten. Mein Fahrer käme gleich. Die Zeit läuft. Ich merke, wie sich der Frust des Tages langsam aufstaut und werde sauer. Die Jungs von RTL werden angemault, sie sollen sich gefälligst schnell kümmern. Die Zeit läuft. Einer kommt mit neuen Fahrzeiten für mich. Demnach stehe ich mitten in der Nacht bei uns in der Pampa eine Stunde auf dem Bahnhof. "Vergesst es, gibt es hier keine Taxen?" Im Rücken höre ich, dass Daniel im Raum erschienen ist. Er wird angepöbelt, und er geht gegen diese Typen an. Daniel, Gracia, Steffi und Nekatrios müssen wieder eine Etage höher verschwinden. Günther steht genervt an der Tür und hält nach dem Wagen Ausschau. Ich zupfe ihn am Ärmel und frage was. Er mault mich an, und ich maule zurück. Ich habe immer noch keinen Fahrer. Die Zeit läuft. Der Raum leert sich. Daniel kommt die Treppe herunter. Er muss an mir vorbei. Ich gehe einen Schritt zur Seite. Schaue ihn böse an. Er schaut böse zurück. Da endlich, meine Fahrerin ist da. Im Auto denke ich nur. "Was war das denn eben?" Ich habe das gar nicht so richtig realisiert. "Habe ich Daniel böse angeschaut? Hat er mich böse angeschaut? Warum?" Im Font des Wagens erzählen die anderen Fans von ihrem tollen Erlebnis. Das macht mich traurig. Ich will nur noch nach Haus. Pünktlich zur Abfahrtszeit hält das Auto am Bahnhof. Ist doch sowieso zu spät. Ich hechte durch den Bahnhof. Schnauf die Treppen hoch. Kein Zug, war klar. Dann aber die Durchsage. Der Zug hat Verspätung. Mir fällt ein Stein vom Herzen. Auf der Rückfahrt durchlebe ich noch einmal diesen Tag. Bin ich enttäuscht? Dass ich nicht auf diesem Sofa gesessen habe, darüber bin ich froh. Dass ich nicht befragt wurde, darüber auch. Aber ein Hallo für Daniel, das hätte ich gern gehabt.
Ich habe Daniel schon oft gesehen und habe immer schöne Erinnerungen an diese Tage. Aber den 1. Dezember 2004, den möchte ich nicht in Erinnerung behalten.
Kirsten Hube
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