Denn ... ich bin ein Rebell!
„Dieser Mann hat Kraft und Autorität - ein Meister seines eigenen Schicksals.
Auf den Schultern trägt er das Symbol der Sonne, die Fackel in der
Hand steht für das Licht seiner eigenen Wahrheit, die er sich hart
erkämpft hat. Ob reich, ob arm - der Rebell ist ein Kaiser, denn
er hat die Ketten der gesellschaftlichen Prägungen und Meinungen
gesprengt. Er formt sich selbst, wobei er alle Regenbogenfarben
zulässt und aus den dunklen formlosen Ursprüngen seiner unbewussten
Vergangenheit ausbricht. Nun wachsen ihm Flügel, um zum Himmel aufzusteigen.
Sein Wesen ist rebellisch, nicht, weil er gegen jemanden oder irgendetwas
kämpft, sondern weil er seine wahre Natur erkannt hat und entschlossen
ist, danach zu leben. Sein Tier ist der Adler, der Bote zwischen
Himmel und Erde. Der Rebell fordert uns auf, Mut zu zeigen, die
Verantwortung für uns, so wie wir sind, zu übernehmen und unsere
Wahrheit zu leben.“ (aus: Zen-Tarot von Osho)
Nachts, wenn die Raben schlafen, ziehen wir unsere Koffer zum Berliner Flughafen. Wieder
einmal werden wir München anfliegen, dieses Mal, um den bayerischen
Rebellen in seinem ersten Konzert mit den eigenen, selbst komponierten
deutschen Tönen zu erleben. Schön ist die Vorstellung, dass jetzt
überall in Deutschland verstreut wieder alle Faniels starten und
wir uns alle morgen treffen werden. Ich freu mich auf unser Fanielgewebe.
Im Auto läuft „Liebe Nation“, sehr laut, und mein Mann summt mit.
Ihm gefallen die neuen, rockigeren Töne sehr, und er hält mit dieser
Meinung auch im Freundeskreis nicht hinter dem Berg. Das freut mich
natürlich ganz besonders.
Wir landen im Schnee und gondeln mit der
Bahn weiter zu unserer Freundin aufs Land, wo wir die nächsten zwei
Nächte schlafen werden. Sie wird dann mit Anderen wieder während
des Berlin-Konzerts bei mir wohnen. Schön sind diese Verbindungen,
diese Freundschaften, die durch Daniel entstanden sind und sich
immer mehr vertiefen.
Am Vorabend des Konzerts sitzen wir wieder
in der urigen Szene-Kneipe im Ort und essen Pizza. Der Wirt vermutet
langsam einen Hexenzirkel, der sich hier regelmäßig versammelt und
kann beruhigt werden, dass es sich „nur“ um Konzertgänger handelt.
Als wir ihm sagen, auf welche Konzerte wir hier immer wieder gehen,
will er unbedingt diese CD. Natürlich wird ihm die Tage eine rum
gebracht. Er sagt: „Wenn´s ma gfoid, spui es do herin a“, und wir
freuen uns schon darauf, das nächste Mal zu den Klängen von „Liebe
Nation“ zu essen ... Auch der Osterhofener Stammtisch am Bahnhof
, an den wir uns am nächsten Mittag zum Aufwärmen auf einen Grog
dazusetzen dürfen, staunt nicht schlecht, wo die hübschn Madln alle
herkommen und wo sie alle hinwollen ...
In München vor der Halle angekommen, tauchen wir ein ins Gewimmel der bekannten
Gesichter ... der IE-Stand wird als erstes geknuddelt und sich gratuliert,
dass wir es - trotz einiger Widrigkeiten - wieder geschafft haben,
die IE8 pünktlich zum Konzert zum Verkauf anbieten zu
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können. Mit einem ganz besonderes schönen Glühweinbecher steh ich
da und umarme immer wieder liebe, vertraute Gesichter - und auch
einige neue - und genieße das bunte Treiben.
Der Einlass dann ist eine Katastrophe, bei der es auch mir nicht gelingt, die positive
Energie durchgängig zu bewahren, jedenfalls nicht bis ganz zum Schluss.
Aber irgendwann bin ich endlich drin. Samt Jacke und dickem Rucksack
stehe ich erschöpft da, blicke mich um und sehe rechts neben der
Bühne ein Podest. Ich lege meine Sachen auf einen Hocker. Nach und
nach nehmen immer mehr Faniels dieses Podest ein. Es scheint ok
zu sein, dass wir uns dort ausbreiten, also rücke ich meinen Rucksack
unter den Hocker und stelle mich auf die frei gewordene Stelle.
Eine Supersicht tut sich mir auf. Ich zieh die hohen Schuhe noch
aus und werde das Konzert barfuss verbringen, damit die hinter mir
mehr sehen werden. Ansonsten genieße ich diesen geilen Platz und
die freie Sicht auf die nahe Bühne - ein seltenes Vergnügen, da
ich mich noch nie am Vortag angestellt habe ...
Ich drehe mich um, sehe die vielen bekannten Gesichter und freu mich, dass wir uns
immer noch regelmäßig treffen, und ich sehe viele neue, unbekannte
Gesichter und wünsche Daniel von Herzen, er möge viele neue Leute
für sich und seine Musik gewinnen können.
Und dann geht es los: Die Band nimmt Platz und spielt die ersten fetzigen Gitarrenklänge
von „Liebe Nation“. Die alte bekannte Woge der Freude zischt durch
die Menge, durch die Leute, die Halle, und dann kommt Daniel auf
die Bühne und singt sofort los. Hach, wie aufregend, das erste Konzert
mit seinen Liedern, seinen Texten. Ich finde, er sieht sehr gut
aus. Die Haare mag ich ja lieber lang, aber er hat so einen frechen
Haarschnitt, eine Art Irokesen ohne was ausrasiert zu haben, sieht
ein bisschen punkig aus, mir gefällts, und es passt zu ihm und den
rockigen Tönen. Er steht in einfachen Klamotten auf seiner Bühne
... die ersten Reihen reißen die Arme hoch, wir auch ... „Liebe
Nation, ich hab was zu sagen“, wir reißen beide Arme hoch und springen
und schleudern die Haare, und mein altes Rockerherz hüpft sehr begeistert.
Wir schwingen die Hüften und den Hintern, und vergessen ist alle
Anstrengung. Daniel seufzt leidenschaftlich und inbrünstig. ...
Liebe Nation ... juchz ... wouwhhh, er singt so gut ... bewegt euren
Hintern und hört auf zu klagen. ... Wir haben lange aufgehört zu
klagen und rocken rum, und mir gefällt dieses Kraftvolle so.
Bei den durchdringenden E-Gitarren-Klängen löst sich was in mir.
Er hält das Mikro zu uns, grinst, guckt im Wechsel wieder betont
ernst-grimmig und wir kreischen: „...bitter...bitterböse!“, gröhlen
laut mit und sein Bassist reißt die Arme hoch und klatscht über
dem Kopf. Sofort jubeln wir und machen es ihm nach: Hände überm
Kopf zusammen klatschen und kreischen, und dann brausen wir ganz
doll los, als er sein erstes Lied zu Ende gesungen hat. Ich seh
ihn ruhig stehen und sein erleichtertes
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