Wenig später machte ich mich auf ins Internet, fand aber auch dort nichts, was mir in irgendeiner Form Aufschluss darüber gegeben hätte, was mich umgehauen hatte. Ich las etwas über eine Show namens „Deutschland sucht den Superstar“, die ich nie gesehen hatte. Ich las, dass es sich um einen bayrischen Künstler von 17 Jahren handelt. Na toll! UND? Ich kenne andere bayrische Künstler und ich kenne andere 17 jährige Bengel....die haben aber nicht das gleiche in mir ausgelöst.
Irgend etwas war mit mir passiert. Ich fand kaum noch Ruhe, wollte ich doch endlich wissen, was es mit ihm auf sich hatte, fand nichts – und suchte weiter. Bis ich dann irgendwann auf den Gedanken kam, dass ich anfangen musste, in mir selbst zu suchen.
Den ganzen Vorgang zu schildern, was für Fragen mir dann wirklich durch den Kopf gingen, würde hier zu weit führen, daher versuche ich, es so kurz wie möglich zu halten.
Zuerst einmal stellte ich mir die Frage, was mir denn überhaupt noch alles im Gedächtnis geblieben war....hm...eine unverwechselbare Stimme, z.B. Ich hatte noch nie so eine Stimme gehört. Nicht astrein, nicht wirklich geschult, nicht wirklich hoch aber auch nicht wirklich tief. Irgendwie erinnerte sie mich eher an die Zeit, als ich in den Stimmbruch kam und kaum wusste, wie ich meine Stimme beherrschen sollte. Aber, dachte ich, das passt ja auch zu einem 17 Jährigen. Die Bühnenpräsenz...nun, ich hatte ja erwähnt, dass ich dachte, er brauche eher ein Stadion, als eine Bühne – und das gefiel mir sehr gut, war ich doch schon seit Jahren gelangweilt – und auch verärgert – wegen der „typischen“ Bühnenpräsenz der gängigen Stars. Am Mikrofon stehen, nicht wissen, was mit den Händen tun – und ein Liedchen ins Mikro trällern, anschliessend eine steife Verbeugung in Richtung der kaufkräftigen Menge. Egal welche Hintergrundkulisse oder welches Outfit man diesen Leuten gab, sie wirkten immer gleich – von einigen Ausnahmen z.B. im Hard Rock Bereich mal abgesehen. Bei diesem jungen Mann hatte die Bühne und auch das Publikum plötzlich angefangen zu leben.
Aber das alleine erklärte mir noch immer nicht diese Faszination – also musste ich weitersuchen. Was war ich denn? Wie war ich denn selbst? Eigentlich eher ein etwas seltsamer Macho. Nicht typisch – aber immerhin doch mit unübersehbaren Anzeichen/Kennzeichen dessen. Eigentlich auf dem besten Wege, sich von der Gesellschaft und gängigen Normen „vereinnahmen“ zu lassen – und sich zu verbiegen. Irgendwie hatte ich resigniert und kam mir vor, als habe ich einen Kampf gegen Normen, Schubladen & Co schon längst verloren.
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Eine graue Maus würde ich zwar aufgrund meiner persönlichen Geschichte nie werden – aber großartig „rebellisch“ konnte man mich schon seit Jahren nicht mehr bezeichnen.
Irgendwie war ich wohl auf dem richtigen Weg, denn plötzlich fiel mir wieder auf, was für eine Laune ich vor dem Auftritt und was für eine Laune ich danach gehabt hatte. Erstaunlich gute. Eigentlich eine so gute Laune, wie schon lange nicht mehr. Aber wieso? War es diese ungezwungene Fröhlichkeit, womit der Bengel mich angesteckt hatte, dieses offene Lachen? Oder hatte er irgendwas derart ausgestrahlt, dass es sogar mehrere Kilometer und Fernsehschirme durchdringen/überwinden konnte? Irgendwie fühlte ich mich jedenfalls, als hätte ich Jahre in einem todesähnlichen Zustand verbracht und würde plötzlich wieder anfangen zu leben.
Dieses Gefühl verstärkte sich merklich, als ich wenige Tage später die aktuelle CD dieses Herren in den CD Player bekam. Wie erwähnt, ich bin kein grosser Freak von gängiger Discomusik und Urlaubs-Sing-Sang, doch selbst Stücke wie „Heartbeat“ und „You Drive Me Crazy“ gefielen mir, da ich einfach die Stimme für einmalig befand. Begeistert fing mein „altes“ Rocker-Herz aber an zu schlagen, als ich dann auch noch auf Stücke stiess, wie „I Don´t Wanna Live Another Life“ und „Love Of My Life“. Da auch in einem „Rauhbein“ wie mir eine romantische Ader schlummert, war ich zum Abschluss bei dem Song „Everytime You Go Away“ völlig daneben – und bemerkte zudem auch noch, dass ich weinte, was ich seit Jahren nicht mehr geschafft hatte.
In dem Moment wurde mir vollends klar, was der junge Mann namens Daniel Küblböck eigentlich mit mir gemacht bzw. geschafft hatte. Er hatte mal eben, mit seinem Lachen und seiner „Unschuldsmiene“, Türen aufgestossen, in mir, die ich schon vor Jahren zugeknallt hatte – oder auch welche, die ich noch niemals zuvor geöffnet hatte. Plötzlich entwickelte ich wieder Sinn für „Verrücktheiten“ und vor allem fürs Lachen.
Der Macho, den ich mir von der Gesellschaft hatte „auf den Leib schneidern lassen“, zerfällt noch immer Stück für Stück – und was für ein Mensch letztendlich zum Vorschein kommen wird, ist noch nicht völlig geklärt. Klar ist aber in jedem Fall, dass nichts mehr so sein wird, wie es vorher war – und das ist auch gut so.
Ich wünsche ihm Glück, diesem „Bengel“, der „mal eben vorbeikam“, mein Herz geöffnet hat – und mich dann mit sich „mitgezogen“ hat, um neue Dinge zu entdecken und zu erleben – und später sogar viele nette Menschen kennenzulernen, die – wie ich – fasziniert sind von ihm und seiner fröhlichen und unverfälschten Ungezwungenheit.
Ben Kaminski
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