Pirates of the Carribean – Dead Man’s Chest
Mit den so genannten „Sequels“ ist es ja so eine Sache. Selten erreicht der zweite Teil eines Blockbusters den Glanz und die Aussagekraft seines Vorgängers, wir erinnern uns etwa an das verschnarchte „Highlander II“ oder peinliche Aufgüsse wie „American Pie II“, „Natürlich Blond II“ und ähnliche Geldschneider aus Hollywoods globaler Mainstream-Schmiede.
Noch komplizierter wird die Sache, wenn sich zum Sequel noch ein dritter Teil gesellt, der im Idealfall gleich zusammen mit Teil 2 vorproduziert wurde.
„Zurück in die Zukunft“ ist so ein Fall: Nach dem überragenden Erfolg des ersten Films 1985, einer in sich schlüssigen und abgeschlossenen Erzählung, drehte man die Teile zwei und drei der Trilogie in einem Aufwasch und brachte sie innerhalb eines Jahres (1989 und 1990) in die Lichtspielhäuser.
„Poltergeist“, der erfolgreiche Supernatural-Thriller aus dem Jahr 1982, erhielt seine fade Fortsetzung nach vier Jahren 1986, der aufgrund seiner grottenschlechten Umsetzung nicht weiter erwähnenswerte dritte Teil folgte nur zwei Jahre später.
Hätte es Peter Jacksons überragenden „Herrn der Ringe“ (alle drei Teile in 18 Monaten an einem Stück gedreht) oder zuvor Francis Ford Coppolas Geniestreich „Der Pate“ (1972, 1974 und 1990) nicht gegeben, man wäre vom Glauben an Fortsetzungsfilme abgefallen.
Woran liegt dieses qualitative Abfallen der meisten Sequels? Ihr größtes Problem besteht darin, dass die Geschichte des ersten Teils in der Regel in sich geschlossen ist. Am Ende des Films schließt sich ein Kreis, Probleme sind gelöst und Hindernisse überwunden. Der Held hat sein großes Ziel erreicht – „and they lived happily ever after“.
Diese Harmonie gilt es zu Beginn des zweiten Teils logisch und stimmig zu durchbrechen, ohne dabei den Eindruck zu erwecken, die Leitmotive des ersten Teils einfach unter neuen Vorzeichen zu wiederholen.
„Fluch der Karibik II“ geht wohltuend weit über die Motive seines Vorgängers hinaus.
So muss Protagonist William Turner im ersten Teil erfahren, dass sein Vater einst nicht der ehrenvolle Handlungsreisende war, von dem ihm seine Mutter immer erzählte – sondern ein Pirat, der zusammen mit Jack Sparrow freibeuternd um die Häuser zog. Nur langsam kann Will sich von seiner glorifizierten Idealvorstellung des Vaters lösen.
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Als er merkt, dass Piraten zwar nicht unbedingt fair kämpfen, ihr höchstes Gut jedoch, die Freiheit, auch seinen eigenen Lebensvorstellungen entspricht, kann er mit seinem vermeintlich ertrunkenen Vater Frieden schließen und seinen eigenen, unabhängigen Lebensweg einschlagen. Jack Sparrow, der William gegenüber die Rolle des Ziehvaters einnimmt, vermittelt Will, dass die Piraten trotz ihrer Gesetzestreue durchaus ein eigenes Ehrgefühl besitzen und auch anwenden.
Im zweiten Teil trifft William nun auf seinen Vater, der – seinerzeit von Davy Jones vom Meeresgrund befreit – ein alptraumhaftes Dasein auf dem „Fliegenden Holländer“ fristet. Die Annäherung der beiden erfolgt nicht ohne Schwierigkeiten, denn William ist nicht mehr der unschuldige, kleine Sohn, den sein Vater vor den Übeln des Daseins bewahren kann.
Jack Sparrow hingegen verliert den Status des Ziehvaters und mutiert in seiner symbolhaften Darstellung von Freiheit, grenzenloser Unabhängigkeit und Bindungs-losigkeit zum direkten Konkurrenten. Elizabeth nämlich, räumlich getrennt von ihrem Verlobten, wird geradezu magisch davon angezogen. In spielerischem Austausch lernt sie von Jack Sparrow, dass im Krieg und in der Liebe fast alle Mittel erlaubt sind – Jack im Gegenzug erkennt, dass Liebe ohne ein gewisses Maß von Verantwortungsbereitschaft keine dauerhafte Zukunft haben kann.
Die drei Hauptdarsteller erhalten durch die groß-zügig bemessene Filmzeit (150 Min.) genügend Raum, um ihren Figuren durch liebevolle Details mehr Ausdruck und Persönlich-keit zu verleihen. Ins-besondere die Spannung der Dreiecksbeziehung erhält so eine fast schon greifbare Dichte und Intensität. Zwischen Jack und Elizabeth fliegen Funken ebenso wie Fetzen, zwischen Elizabeth und William knirscht es gewaltig, und William und Jack kreuzen die Klingen in einer Manier, die jedem Musketier zur Ehre gereicht.
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