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Erlebnisberichte 14/20
Januar 2007
As time goes by
Daniels alte Freundin Astrid sitzt vor der Bühne neben Marianne und Daniel bittet uns, sie zu begrüßen, sichtlich stolz und froh, dass sie da ist. Es wird geklatscht und auch gekreischt, was Daniel erstaunlich schroff zu den Äußerung veranlasst: "Astrid ist auch nur ein normaler Mensch!" Ich spüre ein Unwohlsein bei ihm, wenn so übertrieben wird und auch bei allem Glanz und Glory die Sehnsucht nach Normalität. Astrid sei noch jung und unverbraucht, scherzt er schnell und … ja … gefährlich. Sie selbst lacht darüber.
Bei "You drive me crazy" hält es niemanden mehr auf den akkuraten, vornehmen Stühlen des Mozartsaals, das wäre auch wirklich zuviel verlangt. Verändert sich doch so manches, aber "You drive me crazy" in stiller Andacht zu nehmen, das geht einfach nicht und so sehe ich von oben den ganzen Saal heiter und gelöst swingen.
Danach hat Daniel einige Mühe, alles wieder unter Kontrolle zu bringen und bittet alle, sich wieder zu setzen. Er philosophiert über Weihnachten und die neuesten High-Tech–Geräte, den Wahn, alles Neueste, Schnellste, Dollste besitzen zu müssen und führt dabei sein neuestes eigenes High-Tech - Gerät vor: ein Nachtsichtgerät. In seiner unnachahmlichen Art probiert er damit rum, lässt es dunkler werden und findet seine Fans "so grün" und "wie Aliens" wieder. "Ach, da seh ich aber eine Falte" grinst er, um sich schnell in gespielter Scham zu verbessern: "Nein, doch nicht, das war nur der Pullover." Die Welt dreht sich so schnell und selbst er als 21jähriger hätte Mühe, mit dem Lauf der Zeit mitzukommen. Wie soll es da erst einer Oma gehen. Als er noch in der Kita war, war alles anders an Weihnachten und er plädiere dafür, Weihnachten nur alle 2 Jahre zu feiern, damit man sich wieder richtig freuen kann. Wir sollen mit der Liebsten/dem Liebsten feiern, sagt er leiser werdend und das ist wieder ein Moment, der mich berührt und in dem ich Daniels Sehnsucht nach Liebe, Besinnung, Innehalten und Einfachheit spüren kann. Er spielt mit dem neuen High-Tech-Gerät, während er sich danach sehnt, Liebe zu teilen. Ich finde es schlüssig so.
Vor vier Jahren war er in Verbindung mit dem Paradies, auf kindliche, fast naive Art noch in dieser Urverbindung und zog ganz offen für alles in die Welt wie Hans im Glück. Er ist erwachsen geworden auf seinem Weg und bei seinem fight nach love and glory. Und als Erwachsener beginnt die Suche, wie bei uns allen ... die Suche nach dem verlorenen Glück, nach dem verlorenen Paradies. Wahrscheinlich hat Daniel jetzt schon viel mehr gesagt, als er überhaupt wollte und beendet seine Weihnachts-Philosophie mit einem spontanen: "Was ich eigentlich sagen wollte: Lange Rede, kurzer Sinn: ich wollte euch nur Frohe Weihnachten wünschen!"
Ich bleibe in der Pause oben und schaue zu, wie die Faniels ihre Plätze verlassen, winke mal hier mal dahin. Friedlich wirkt alles, überall hält eine an , um eine andere zu umarmen, zu begrüßen, ein paar Worte auszutauschen.
UP&JAZZ Viel hat diese Gemeinschaft schon ausgehalten, oft ist das Gewebe eingerissen, sind Fetzen geflogen, musste gekittet werden, geknotet, neu gewebt. As time goes by.
Nach der Pause geht es unbeschwert weiter mit "Sunny". Daniel kommt mir leichter vor, lockerer, als wäre ihm in der Pause ein Stein vom Herzen geplumpst. Er flirtet mit der Backround-Sängerin Christina, er tanzt mit ihr und auch alleine rum.
© Positive Energie GmbH, Fotografin Nicky Gruber
Ich muss schmunzeln, wie er die Lieder ansagt, sich bemüht, alles richtig auszusprechen, dann aber doch stolpert, bei "Fitz Gerr..gerald" zum Beispiel und dann automatisch vom Hochdeutsch ins Bayrische rutscht. Sehr liebenswert finde ich das, wenn ein wenig schief geht, was er eigentlich vorhatte. "Ihnen wird auch gleich warm. Ich werde den nächsten Song ins Mikrofon hauchen, dass sie ganz wuschig werden." Auch das "wuschig" sollte wohl eigentlich nicht ausgesprochen werden, aber nun ists raus. "The girl from Ipanema" soll uns also wuschig machen. Ich werde nicht wuschig, aber gebannt. Ich lausche gerne und mit großem Genuss seiner wunderbaren, ausdrucksstarken, vollen Stimme. Ich lasse mich von seiner gewachsenen Sicherheit durch den Abend tragen, nicht gestääärbt-wirr-willenlos wie früher, irreal identifiziert mit ihm, sondern nun warm an- und ausgefüllt. Ich bleibe ich. Das fühlt sich gar nicht schlecht an.
 
Online-Magazin Im Endeffekt Ausgabe 12 · © 2003 - 2007 danielwelt.de · Impressum · Printausgabe