As time goes by
Fortsetzung von Seite 14
Daniel hat sich etwas besonderes einfallen lassen in einer Nacht zu zweit.
Uhhhh, raunt das Fanielvolk und Daniel plaudert weiter, warum sollte
er nicht mal zusammen was singen mit Stefan. Der sei nämlich verheiratet
und hätte darum den Schmerz in der Stimme. Und darum, so sagt er
weiter, würden sie jetzt für uns singen ... "Me and my shadow". Und
wieder schließt sich ein Kreis der Danielgeschichte. Ich seh ihn
sich noch mit Carsten Spengemann im Konfirmantenanzug an das Lied
gewagt zu haben in aller Öffentlichkeit, unsicher damals, ich auch
und zitterte bei seinem Auftritt, wie es werden würde, würde er
einen wichtigen Ton verhauen wie bei "My Way"? Es war früher so,
als sei ich selbst auf der Bühne, als erleide ich selbst, was Daniel
widerfährt. Das ist anders geworden.
Und wieder an diesem Abend
wird mir die große Wandlung bewusst, wie er sicher auf seinem Hocker
diesmal selbst den ersten Ton singt, den Ton angibt, anstatt den
Schatten zu singen. Es macht Freude, sich von dem beschwingten Duett
mitreissen zu lassen: Happy new year! Yeah! In diesem Moment bin
ich sicher, es kann nur ein happy new year werden. Daniel strahlt
schelmisch zu Stefan: "Das war jetzt schön mit Dir!" Wir lachen.
Das nächste Lied, so sagt er, passt perfekt in die Weihnachtszeit
("In Stuttgart ist aber sonst schon auch Schnee, oder?") und kündigt
"Somewhere over the rainbow" an. Wunderschön, zart und voller Gefühl
beginnt Christina mit sanfter Stimme zu singen von dem Land jenseits
des Regenbogens. Der Mozartsaal versinkt in andächtiger Stille,
auch ich traue mich kaum zu atmen, als Daniel mit samtweicher Stimme
einstimmt. Jede Silbe singt er langsam, wie ein Streicheln, das
nur aus dem Regenbogenland kommen kann. Wunderschön. Verzaubernd.
Ich versinke in einer anderen Zeit. Das ist Magie, wenn jemand mit
seinem Tun andere so verzaubern kann, sie so durch die Zeit beamen,
Traumland greifbar werden lassen. Der Applaus will nicht enden,
Daniel sagt immer wieder: "Dankeschön. Dankeschön. Dankeschön."
Dankeschön, Daniel!
Es wird heute gefilmt, wir dürfen auf eine Aufnahme
hoffen, für die jeder Faniel gerne sein letztes Hemd geben würde.
"Es kann also sein", sagt Daniel, "dass Ihr bald im Fernsehen seid",
was wohl eine Frau motiviert, sich das Haar glatt zu streichen.
Daniel lacht: "DAS nutzt jetzt auch nichts mehr."
"Mack the knife" ist wieder sehr schwungvoll und mitreissend. Er greift sich Christina
und tanzt mit ihr sogar von der Bühne und durch die Fanielreihen.
Er hat, wie immer, sein Publikum im Griff. Schön zu sehen von oben,
wenn er mit dem Finger schnipst und sofort zurück geschnipst wird,
er schwingt einen Arm über den Kopf oder klatscht in die Menge und
sofort kommt dasselbe hundertfach zu ihm zurück.
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Wieder zurück auf der Bühne flüstert er gespielt geheimnisvoll,
immer noch viel Fanpost zu bekommen, von heimlichen Verehrerinnen.
Er wird gefragt: "Daniel, was machst´n Du im neuen Jahr?", aber ... er
sagt NICHTS. Ochhhh, raunt es aus dem Publikum und ich ertappe mich,
wie meine Neugier steigt und ich hoffe, er wird nun irgendwas verraten.
Aber er fängt an zu blödeln, setzt sich eine Brille auf, mimt jemanden
aus "Verliebt in Berlin". "Warum lachen Sie immer?" fragt er. Und
weiter: "Bin ich wirklich ein so fröhlicher Mensch?"
Jetzt sind wir wieder meilenweit entfernt von dem Geheimnis um das nächste
Jahr und ich kann ihm nicht böse sein. Überrascht höre ich Daniel
sagen: "Tief in meiner Seele ist sie versteckt, die dunkle Seite
der Macht." Und "jetzt kommt wieder ein Klassiker, aus meinen Anfängen:
'Hey'!" Großer Jubel bricht aus, auch ich freue mich, das wunderschöne
Lied noch einmal genießen zu dürfen. Wieder fühle ich mich wie im
Hannover-Konzert, eingebettet in den Kreis meiner Freundinnen und
beim letzten gehaucht-geknurrten Ton schmolzen wir damals kollektiv
gemeinsam dahin, wirklich wahrhaft wuschig geworden. Hier in Stuttgart
habe ich ähnliche Gefühle und schmelze alleine auf meinem Sitz.
Immer noch empfinde ich die letzte gehauchte Silbe schon fast unverschämt
grenzwertig tiefgehend, sie wühlt mich immer noch auf eine Art auf,
wie ich es eigentlich gar nicht unbedingt zulassen möchte….. Sein
befehlendes "setzen!" reißt mich jäh aus diesem Zustand und ich
folge irritiert seinem harten Befehl, etwas zögerlich und mit einem
leisen Bedauern, dass aus demselben Mund, der eben Zaubertöne von
sich gab, nun solche Töne folgen, die mich auf dem Boden aufknallen
lassen. Ich bin wohl nicht die einzige, die nicht sofort seinem
Befehl nachkommen will und so fragt Daniel, schon etwas milder: "Wäre
es ohne Bestuhlung billiger gewesen hier?"
Und dann wagt er sich an Marylin Monroe heran. Ich bin entzückt und sofort versöhnt. Er
erzählt, wir würden jetzt gleich mal sehen, wie sexy ein Mann
"I wanna be loved by you" singen kann. Herrlich. Alle Augen leuchten
gespannt. Daniel setzt sich in Pose, dreht sich zu Alex und fragt
mit zuckersüßer Stimme wirklich sexy: "Alex! Alles roger?" Dann legt
er los. Ich erwarte Sexappeal, aber er blödelt ... A dipididu ... statt
sexy zu sein, lässt er seine drei Bläser aufstehen und wie die Marionetten
tanzen, stellt sich selbst dazu und geht immer wieder ganz spaßig
in die Hocke. Wieder einmal hat mich Daniel vollkommen überrascht.
Ich spüre, wie ich in Wallung komme, unheimlich viel Energie frei
wird, wenn er so unvorhergesehene Dinge macht. Seine Show lebt vom
unmittelbaren Moment, vom Unerwarteten. Das ist nach wie vor eine
ganz große Stärke von ihm.
Er kündigt das letzte Lied an, stockt,
schaut ins Publikum: "Hey, hast Du etwa eine Träne im Auge?" fragt
er und weiter richtig zärtlich: "Soll ich sie Dir wegpusten?"
Fortsetzung
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