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Esoterik 3/8
Januar 2007
Die Kraft der Rituale
Rüdiger Dahlke beschreibt das Leben als eine Kette von Geburten und empfindet jeden Übergang von einer Phase in die nächste als bedeutsame Zeit. Überholtes will losgelassen werden, Erfahrungen integriert und sich fürs Neue geöffnet werden. Er ist überzeugt davon, dass in dem Maße, wie in unseren modernen Gesellschaft, die von Krisen und oft auch von existentiellen Bedrohungen begleiteten Wechsel in neue Lebensabschnitte verdrängt oder überspielt werden, der Alltag zur Dauerkrise wird.
Süchte, Depressionen, Ängste und Gefühle der Leere und Sinnlosigkeit gehören für viele Menschen heute zum Alltag. Dahlke nimmt sogar an, dass nicht bewältigte Lebenskrisen die Grundlage vieler Krankheitssymptome sind. In alten Zeiten gab es machtvolle Rituale , die dem einzelnen durch schwierige Übergänge hindurch halfen. Heute werden meist archaische, alte Rituale nicht mehr zelebriert, dafür um so mehr moderne und eher unbewusst und nicht selten zwanghaft ablaufende „Rituale“, eigentlich keine Rituale, sondern Gewohnheiten, wie die Zeitung zum Klogang, die Zigarette oder das Glas Wein zur Entspannung, das Lesen vorm Einschlafen usw
Foto: www.pixelquelle.de
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Aus eigener jahrelanger Rauchsucht weiß ich, wie stark das Unterbewusstsein einwirkt und erinnere mich, dass ich ohne Zigarette z. B. nicht telefonieren konnte oder Auto fahren, weil ich diese Tätigkeiten mit Rauchen verband. Als ich mit dem Rauchen aufhörte, musste ich monatelang an einem Stift rumsaugen, während des Telefonierens, weil ich ansonsten starke Unruhe empfand und Mangelgefühle hatte. In anderen Situationen, die ich nicht mit Rauchen verband, fehlten mir die Zigaretten dagegen überhaupt nicht. Genauso stark wirken auch meiner Erfahrung nach im positiven Sinne Rituale auf das Unterbewusstsein ein. Zerschneide ich zum Beispiel bewusst und tatsächlich rituell ein Band, zelebriere und
inszeniere auf diese Weise „Loslassen“, vielleicht sogar während ein paar Tränchen fließen, verbrenne dabei Salbei, singe, rassle usw., dann fällt es mir tatsächlich leichter, etwas gehen zu lassen. Oft kommt sogar innerhalb des Rituals schon eine Ahnung, wo das Neue hinführen kann, was da Spannendes, Neues dafür auf mich zukommen wird und ich fühle mich sofort wieder stark und zuversichtlich.
Rituale sind Bestandteil aller Kulturen. So vielfältig die Kulturen sind, so verschieden ihre Rituale. Es gibt fünf zentrale Ritualtypen, die sich in ihrem Grundprinzip bei aller kulturellen Verschiedenheit ähneln. Jedes Ritual lässt sich einordnen als Ritual des Übergangs, Ritual des Austausches, Rituale zur Wiederherstellung eines Gleichgewichts, Alltagrituale und kalendarische Rituale. Ein Ritual bedient sich strukturierter Mittel, um die Bedeutung einer Handlung sichtbar oder nachvollziehbar zu machen oder über deren profane Alltagsbedeutung hinaus weisende Bedeutungs- oder Sinnzusammenhänge symbolisch darzustellen oder auf sie zu verweisen. Rituale dienen insbesondere auch der Rhythmisierung zeitlicher und sozialer Abläufe. So gibt es viele zyklische Rituale, die dem tageszeitlichen, wöchentlichen, monatlichen oder jährlichen Kalender folgen (z. B. das Weckritual, die Sonnenwendfeier , der Jahreswechsel usw.) Wird durch rituelles, bewusstes Handeln der Lebensrhythmus zelebriert und verstärkt, dann führt das aus Halbherzigkeit, Automatismus und Gleichgültigkeit.
Ein Gute-Nacht-Geschichten-Ritual für ein kleines Kind vermittelt verlässliche Geborgenheit und intimes Beisammensein mit Mutter oder Vater. Es erleichtert das Loslassen in den Schlaf durch das Gefühl, es ist alles in Ordnung. Die Tasse Kaffee oder Tee am Morgen in gemütlicher Atmosphäre wird für viele einen erfreulichen, gemütlichen Start in den Tag bedeuten und sollte auch möglichst sorgfältig und bewusst als Ritual „zelebriert“ werden, nicht als unbewusste Gewohnheit, die „einfach dazu gehört“.
Ich meditiere jeden Morgen noch im Bett sitzen, strecke anschließend beide Arme hoch in die Luft und spüre tief atmend meine Kraft wachsen. Ich sage mir selbst, dass ich über alle Hindernisse hinaus wachsen werde, dass ich die Kraft dazu habe. Dann beuge ich mich mit der Betonung auf die Ausatmung weit nach vorne und berühre mit den Händen Mutter Erde, lasse meinen Körper nachgeben. Ich übe somit loslassen, tragen, hingeben, die weibliche Kraft, genauso wichtig wie die aktive, männliche, die die Streckung in den Himmel symbolisiert. Ich bitte das Universum, mir die Weisheit zu geben, eins vom anderen unterscheiden zu können und so gehe ich optimistisch und zuversichtlich und auch neugierig in den neuen Tag hinein und ich erwarte einfach vom Tag das Beste.
So wie dies mein persönliches Morgenritual für einen guten Tag geworden ist, kann natürlich jeder selbst eigene Rituale gestalten. Das Wichtigste ist, darauf zu achten, dass niemandem geschadet wird. Werden andere in das eigene Ritual einbezogen, müssen sie damit einverstanden sein!
 
Online-Magazin Im Endeffekt Ausgabe 12 · © 2003 - 2007 danielwelt.de · Impressum · Printausgabe