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Erlebnisberichte 5/12
Juni 2007
Best of Berlin - die Küblböck-Kiste
Gerade eineinhalb Jahre sind es her, als Daniel zum letzten Mal im Kesselhaus am Prenzlauer Berg ein Konzert gegeben hat, und doch hätten die beiden Konzerte nicht unterschiedlicher sein können. War es damals ein Stehkonzert am Anfang der Ich-hass-mich-Tour, das mir persönlich von allen IHM-Konzerten, die ich besucht habe, von der Atmosphäre am besten gefallen hat, stand dieses Mal ein Best-Of auf dem Programm. Leider waren nicht so viele Fans da wie noch im Dezember 2005, die Sitzplätze im Kesselhaus waren aber gut gefüllt. Das Konzert begann mit einer Verspätung von einer halben Stunde und zwei Überraschungen: An Daniels Seite stand die Starmix-Urbesetzung um Walter Fischer und Rainer Amasreiter auf der Bühne, während Roland Riedlbauer, der bei den letzten zwei Konzerten gespielt hatte, nicht dabei war. Daniel mit Mütze und Schal über dem lässigen T-Shirt war ein inzwischen ungewohnter Anblick, aber das Outfit passte mit seinem großstädtischen Understatement sehr gut zu Berlin... und stand ihm nebenbei ausgezeichnet.
Foto: Sandra Janke/Im Endeffekt
Dann ging es los und Daniel startete den Rückblick in seine bisherige Sangeskarriere mit "Superman", das ein bisschen wie aus einer anderen Zeit wirkte. Zu Beginn des Konzertes schien Daniel mir auch nicht ganz "drin" zu sein, was vielleicht auch an der unseligen Droh-Geschichte und den Verspätungen im Vorfeld lag. Er suchte mehr den Augenkontakt mit dem Notenständer als mit dem Publikum. Wie sehr ihn das Noten- und Textblatt in seinen Entertainer-Fähigkeiten einschränkte, zeigte sich, als er bei "Born to be wild" zum ersten Mal frei performte, den Hocker verließ und die Stimmung in der Halle damit gleich zum Kochen brachte. Am liebsten hätte ich den Notenständer in der ersten Hälfte des Konzertes irgendwo in die Ecke verbannt und Daniel zugerufen: Du kannst es doch besser. Das hat mich gerade am Anfang gehindert, mich besser in das Konzert hinein zu finden. Ein Höhepunkt vor der Pause waren sicher die Variationen bei "Stand by me" am Schluss. Und Daniel selbst, der bei allem unperfekten Bühnengeschehen sehr
BestOf&JAZZ gut bei Stimme war, und einfach sympathisch rüberkam. Spätestens bei "Man in the moon" kurz vor der Pause war ich bereit, ihm alles zu verzeihen, den Notenständer samt Lippenstift-Werbung und seine manchmal etwas unentschieden wirkende Bühnenpersönlichkeit. Weil er für mich immer noch der liebenswerteste aller unperfekten Bühnenkünstler ist... und gerade das auch seine Authentizität ausmacht.
Foto: Sandra Janke/Im Endeffekt
Wie ein Griff in die Küblböck-Kiste mit all den wunderbaren, den schönen und berührenden und manchmal vielleicht auch seltsam anmutenden Besonderheiten wirkte auch der zweite Teil des Konzertes, in dem sich Daniel mehr der Jetzt-Zeit annäherte, was die Intensität der Lieder steigerte. Ein wunderbar leises "Fliegen" war für mich dabei ein Höhepunkt, und ja, Daniel, es ist schön, wenn’s aus dem "Herzen kommt", wie er danach meinte. Gleich darauf folgte mit "Fly me to the moon" ein weiteres Highlight, welches DAS Bild dieses Konzertes für mich einfing: Daniel mit angewinkelten Beinen am Bühnenrand sitzend, in sich versunken und seinen Tönen nachlauschend. Bei "Proud Mary" wurde es dann so richtig rockig, mit mitreißender Bühnenperformance und brodelnder Stimmung in der Halle. Je länger das Konzert dauerte, um so mehr eroberte sich Daniel die Bühne und blieb auch nach "My Way", der zweiten Zugabe stehen, als alle Musiker die Bühne schon verlassen hatten. Mit einem "Left a good job in the city" – der Textzeile aus "Proud Mary" - verabschiedete er sich fast zärtlich von den Zuschauern im Kesselhaus.
Für mich war dies eine Art "Übergangskonzert" – wohin Daniels Weg bei seinen kommenden Konzerten ihn führen mag, das vermag ich nicht zu sagen. Vielleicht weiß er das selbst noch nicht. Eine Art Rückschau war’s, manches wirkte nicht mehr ganz passend, anderes dagegen überraschend neu. Im Herbst wird alles anders, das wage ich jetzt schon zu sagen und Daniel wird sich wohl wieder einmal neu erfinden.
Text: Andrea Grothe · Fotos: Sandra Janke/Im Endeffekt
 
Online-Magazin Im Endeffekt Ausgabe 13· © 2003 - 2007 danielwelt.de · Impressum · Printausgabe