Manipulation
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den Fenstern ihrer Wohnungen aus beobachtet, ohne
zu helfen und die Polizei anzurufen. Die Mordzeugen konnten später
nicht erklären, warum sie so reagiert haben. Antworten waren in
etwa "ich weiß nicht", "Angst gehabt" und "mit der Sache nichts
zu tun haben wollen". Die bisherigen Darstellungen des Falls hatten
allesamt darauf hingewiesen, dass niemand etwas unternommen hat,
obwohl 38 Personen zugeschaut hatten. Latanè und Darley behaupteten
nun, dass niemand helfend eingegriffen hatte, weil es so viele
Beobachter gegeben hatte.
Die Psychologen stellten die Theorie auf, dass es mindestens zwei Gründe gibt,
warum ein Zeuge eines Notfalls mit geringerer Wahrscheinlichkeit
Beistand leistet, wenn noch andere Zeugen anwesend sind. Der erste
Grund ist, dass wenn mehrere potenzielle Helfer vorhanden sind,
sich die Verantwortlichkeit jedes Einzelnen von ihnen verringert.
Der zweite Grund beruht auf dem Prinzip der sozialen Bewährtheit
und dem Effekt des kollektiven "Nichtsehen – Wollens". Sehr oft
ist eine Notlage nicht eindeutig erkennbar. Solche Unsicherheiten
führen dazu, dass man sich an einem Mitmenschen orientiert und
auf seine Reaktionen achtet, um rauszufinden, ob ein Notfall vorliegt.
Dabei wird jedoch leicht übersehen, dass auch die anderen Beobachter
sich an den anderen orientieren. Es könnte also sein, dass jemand,
der in einer Notsituation Hilfe benötigt eine größere Chance hat
heil herauszukommen, wenn nur ein Zeuge anstatt viele Zeugen vorhanden ist.
4. Netz aus gegenseitiger Dankesschuld.
Wir erleben oft im Kaufhaus, dass wir von den Mitarbeitern ein Probierpäckchen von
einem Produkt erhalten oder wie oft haben wir schon diese Probierstände
in den verschiedenen Märkten gesehen und getestet. Auf der Straße
erhalten wir Blumen von Sekten. Durch diese Geschenke fühlt sich
der Mensch verpflichtet etwas zu kaufen oder zu spenden. Dieses
"sich verpflichtet fühlen" ist in jeder Art von Gesellschaft vorhanden.
Für den Archäologen Richard Leaky stellt dieses System die Grundlage
für unser Menschsein dar. Er stellt die Behauptung auf, dass wir
sind, was wir sind, weil unsere Vorfahren gelernt haben, ihre
Nahrung und Fähigkeiten miteinander zu teilen.
Kulturanthropologen sehen in diesem "Netz aus gegenseitiger Dankesschuld" einen einzigartigen
Anpassungsmechanismus des Menschen und die Grundlagen für Arbeitseinteilung,
den Austausch verschiedener Güter und Dienstleistungen sowie das
Entstehen von Interdependenzen, welche Individuen zu hocheffizienten
Gruppen zusammenführen (Ridley 1997, Tiger & Fox 1989). Es ist
dieses Gefühl, dem anderen in Zukunft verpflichtet zu sein, das
entscheidend zu den sozialen Fortschritten beigetragen hat, wie
sie von Tiger und Fox beschrieben wurden. Ein von vielen geteiltes
und starkes Gefühl des "Verpflichtetseins" hat die Sozialevolution
der Menschheit maßgeblich beeinflusst, da es dazu geführt hat,
dass eine Person einer anderen
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etwas (z.B. Nahrung, Energie, Zuwendung)
schenken konnte in der Zuversicht, dass das Geschenk für sie nicht verloren ging.
5. Knappheit
Kurz vor Weihnachten bringen Spielzeughersteller neue Produkte
auf den Markt und durch gezielte Werbung wird dann dieses Produkt
schmackhaft gemacht. Oft ist es so, dass jedoch nur eine geringe
Menge von diesem Spielzeug hergestellt wird. Kinder wünschen sich
das von ihren Eltern, doch die Liefertermine sind dann oft nach
Weihnachten. Sie fragen sich: "Zufall?". Nein, da das Produkt nicht
für den gewünschten Tag lieferbar ist, versprechen die Eltern, es
dem Kind nach Weihnachten zu schenken, brauchen jedoch eine Art
Ersatz für den Feiertag. Und so werden zwei Produkte gekauft.
Medien prägen Meinungen, hetzen Gruppen gegeneinander auf, steuern Antipathie
und Sympathie. Wie bereits erwähnt geschieht Manipulation jedoch
nicht nur im Konsumbereich, sondern auch in der Politik, in der
Familie, in der Schule usw. Medien sind große Manipulatoren, früher
galten Medien größtenteils als Informationsquellen, heutzutage dienen
Medien oft zur Manipulation, um Produkte zu verkaufen, mehr Kunden
zu werben, um Meinungen bzw. Einstellungen zu prägen - und hierbei
ist nicht nur politische Propaganda gemeint. Vorurteile werden geschaffen,
Hetzkampagnen gestartet, Streitigkeiten provoziert, wie z.B. zwischen
junger und alter Generation wegen der Rentenreform. Der ältere Mitbürger
wird hierbei als Schnorrer dargestellt, der nicht arbeitet, aber
Geld erhält. Nicht erwähnt wird hierbei, dass dieser jahrelang in
die Rentenkasse eingezahlt hat. Oder Nichtraucher gegen Raucher:
Der Raucher wird hierbei als Sündenbock dargestellt, er wird dargestellt,
als würde er jede Gelegenheit nutzen, den "armen" Nichtraucher zuzuqualmen.
Das erklärt auch die Diskussion über das Rauchverbot im eigenen
Auto. Es wird dabei aber nicht verdeutlicht, dass es sich hier um
eine Sucht handelt. Oder auch die Hetze zwischen berufstätiger und
arbeitsloser Bevölkerung. In den Medien wird es so dargestellt,
als ob die arbeitslose Bevölkerung sich an den arbeitstätigen Menschen
bereichert. Oft wird nicht erwähnt, dass die meisten keine Stelle
finden, obwohl sie verzweifelt suchen und dass einige, während sie
berufstätig waren, mehrere Jahre in die Arbeitslosenkasse eingezahlt
haben, davon jedoch nur ein Jahr ausgezahlt bekommen haben. Die
Hetze geht so weit, dass angebliche Reality-Berichte gezeigt werden,
wo Mitarbeiter des Sozialamtes Menschen aufspüren wollen, die sich
an Hartz IV angeblich bereichern. Die Kamera ist hierbei ständiger
Begleiter. Bei diesen Berichten sollte man an den Filmemacher Michael
Born zurückdenken. Es war eine unrühmliche Karriere, die im Dezember
1996 mit einem Schuldspruch endete: Er wurde wegen zahlreicher Lügengeschichten
zu vier Jahren Haft verurteilt. Er verkaufte an verschiedene Sender
Berichte, die Quoten versprachen, darunter Stern TV, Spiegel-TV,
WDR, das Fernsehmagazin der Süddeutschen Zeitung (Udo Ulfkotte "So
lügen Journalisten").
Fortsetzung
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