Drei „Superstars“ im Münchner Schlachthof
Fortsetzung von Seite 25
Fraktion mit dem Slogan "Guido for Presidend", auf der rechten Seite der Bassist und der Organist in schwarz mit der Aufschrift "Angie - the show must go on ". Daniel dazwischen etwas farblos, dafür mit Glitzer auf dem schwarzen Jackett und dem dunklen Hemd.
Nach dem ersten Song kommt auch Daniel unter den Scheinwerfern ins Schwitzen, und er sucht sich ein appetitliches Bierglas von den Tischen vor der Bühne aus, um einen tiefen Schluck zu nehmen. Wenn jemand das darf, dann er.
Es folgt ein Duett mit der Sängerin Bianca, und während beide Wange an Wange auf zwei Barhockern „Let this dream come true“ singen, streckt Bianca ihr Bein aus, damit Daniel es zuerst mit Küssen, dann mit der Zunge bearbeiten kann... Spätestens jetzt müsste eine Klimaanlage eingeschaltet werden - was für eine Show!
Ein glückliches Raunen geht durch den Saal, als Daniel erwähnt, dass Timothy Touchton mit Gattin anwesend ist. Er hat schon viele gute Songs für Daniel geschrieben und wir dürfen uns heute auf Neuvorstellungen freuen. Die erste folgt sofort mit "Love in me", ein fetziger Song mit gutem Rhythmus und Saxophoneinlagen.
Als die ersten Pianoklänge von "Anytime we touch" (eine Koproduktion von Touchton und Wolfgang und Jacob Graf) erklingen, weiß ich, welches mein neues Lieblingslied wird. Hier ist alles vereint, erst ruhig beginnend, dann starke Drums und ein fantastisches Gitarrenspiel. Ich wünsche mir sofort, diesen Song auf CD gepresst in Dauerschleife in meinem Auto spielen zu können - bitte Daniel, mach es möglich - da ist Hitpotential drin.
Nach weiteren Songs merkt Daniel wohl, dass wir alle eine kleine Erholungspause brauchen und balanciert sich auf den vorderen Tischen entlang, nicht ohne ein paar freche Bemerkungen über das Publikum zu machen. "Dahinten sieht man Sie ja gar nicht - vielleicht hats auch was Gutes". Er stellt fest, dass im Saal alles versammelt ist "was nicht niet- und nagelfest ist" und warnt die unter ihm Sitzenden , ihm nicht in die Hosenbeine zu schauen. "Nicht dass da etwas zum Vorschein kommt, was Sie nicht sehen müssen". Gelächter im ganzen Saal, so lieben wir unseren Daniel, die "Klappe" immer etwas größer als seine Statur.
Er betont, er habe zwei Weltstars eingeladen, Elvis
|
und noch einen anderen, der später käme, und bei dem uns alles aus den Augen fallen würde.
Es folgt ein Hildegard Knef Titel: "In dieser Stadt". Ich finde ihn im Vergleich zu dem uns inzwischen liebgewonnenen "Für mich soll's rote Rosen regnen" etwas fad von der Melodie her. Allerdings singt Daniel ihn mit soviel Gefühl, dass man spürt, auch in diesem Song findet er sich selbst ein bisschen wieder. Ich überlege, welche Stadt es wohl für ihn ist, von der er sich verabschiedet hat und die ihn doch immer wieder melancholisch anzieht. Dem tosenden Applaus nach zu urteilen, haben auch die anderen im Saal diese Parallele zwischen Text und seinem Leben gespürt.
Bei "Turn Me On" versprüht eine Diskokugel Hunderte von Sternen über die Bühne, das passt zu dieser schönen Bluesnummer.
Keine Zeit zum Träumen, Daniel knallt uns eine Songansage um die Ohren: "Bei der nächsten Nummer werden Sie sich nicht mehr auf den Plätzen halten können - das reißt alle mit - von jung bis alt, ich meine von jung bis reif". Es folgt "Hey, great big Mama" und man spürt sofort: mit diesem Titel hat T.Touchton bei Daniel ins Schwarze getroffen. Schnell, fetzig - und soweit es die engen Platzverhältnisse zulassen, springt das Publikum auf und tanzt mit.
Die Pause, die nun folgt, können alle gebrauchen. Raus aus dem Saal an die frische Luft, erstes Fachsimpeln über die neuen Songs, erstes Resümee über das bisher Erlebte. Ich treffe draußen Bekannte und vergesse die Zeit, bis uns die ersten Klänge und ein durchdringender Rhythmus in den Saal rennen lässt:
"Hung Up" - das ist doch das Madonnalied, denke ich und traue meinen Augen nicht, als ich, auf meinem Platz angekommen, Daniel mit blonder Perücke, rosa Leggings und Highheels über die Bühne fetzen sehe. Mir schießt durch den Kopf: Ja, das ist "Daniel Küblböck-Show".
Er hat es also noch nicht verlernt. Mit gekonnten Bewegungen schlängelt er sich wie eine Gogotänzerin um die Holzsäulen am Bühnenrand, setzt sich rücklings auf einen Stuhl und bewegt sich lasziv zur Musik. Daniels Tanz gipfelt darin, dass sein breiter Gürtel über dem grünen Glitzer-T-Shirt aufgeht. Er wirft ihn mit Schwung und haarscharf am Auge des Bassisten vorbei über seine Schulter und irgendwann kann er gerade noch den Barhocker vor dem Fallen auffangen - natürlich nicht, ohne herzerfrischend und mit viel Selbstironie loszulachen.
|