Indien!... Indien??... Indien!!!
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Jaisalmer
Jodhpur, genannt die blaue Stadt. Die Farbe Blau durfte früher nur von der obersten, der Priesterkaste der Brahmanen zum Anstrich ihrer Häuser verwendet werden; heute erstrahlen große Teile der Stadt Jodhpur in dieser Farbe. Sie ist die zweitgrößte Stadt Rajasthans, gelegen am Rande der Wüste Thar. Aufgrund seiner Lage zwischen Avalli-Gebirge und Wüste hatte Jodhpur immer schon eine Mittlerrolle zwischen dem trockenen Norden des Landes und dem fruchtbaren Süden. Daher auch das reiche Angebot auf dem Obst- und Gemüsemarkt, der täglich rund um den Uhrenturm am Sadar-Markt stattfindet. Die Händler breiten ihre Waren auf flachen Körben aus und besprengen sie immer wieder mit Wasser, damit sie frisch bleiben. Außerdem muss sie vor streunenden Hunden, Ziegen und Kühen verteidigt werden. In Jodhpur steht auch der letzte und neueste Maharaja-Palast. Er wurde ab 1928 errichtet, war eine große Arbeitsbeschaffungsmaßnahme des Herrschers. Die 347 Zimmer mit zwei Theatern und eigenem Hallenbad zu errichten dauerte 15 Jahre. Leider wurde der Palast erst vier Jahre vor der Unabhängigkeit Indiens fertig (1943), die dem Maharaja seine Macht und den Wohlstand nahm. Heute wohnt die Familie in einem Flügel des protzigen Baus und muss zur Finanzierung den Rest als Museum und Hotel den ehemaligen Untertanen öffnen. Ausgleichende Gerechtigkeit?
Auf zum Mount Abu, einer der berühmten Jain-Stätten, die Dilwara-Tempel, wo fünf Tempel in einer Anlage zusammengefasst sind. Die Reformreligion des Jainismus, die ich oben bereits einmal erwähnt habe, entstand in der selben Zeit und unter ähnlichen Umständen wie der Buddhismus im 6. Jahrhundert vor Christus, ebenfalls ein Fürstensohn, der den Thron ablehnte, als Asket lebte und zur vollkommenen Erkenntnis gelangte. Man nennt den Jainismus auch die „gottlose“ Religion der Asketen und Vegetarier. Sie lehrt: alle Lebewesen haben das gleiche Recht zu leben, deswegen wird keines verspeist.
Manche Jaina verbinden sich sogar den Mund, damit sie nicht versehentlich ein Insekt einatmen. Die Gruppe der Gläubigen ist zwar klein (etwa drei Millionen in ganz Indien, meist in Rajasthan und Gujarat), aber dennoch sehr einflussreich und besonders im Handel und Finanzwesen tätig. Aus ihrem Reichtum spenden sie oft
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für soziale Einrichtungen und Tempel. Da die Jaina sehr tolerant sind, darf jeder ihre Tempel besuchen. Besonders schöne Tempel findet man eben auf dem Mount Abu. Erbaut seit dem 11. Jahrhundert und bis ins 18. Jahrhundert immer weiter ausgebaut, zeigen sie besonders schöne Einblicke in die Kunst des „Steinschnitzens“.
Im 14. und 15. Jahrhundert errichteten die Jaina auch in der Stadt Ranakpur Meisterwerke der Steinmetzkunst. Allein der Haupttempel mit seinen 29 Hallen wird von 1444 unterschiedlich verzierten Säulen getragen.
Fährt man weiter nach Osten, liegt am kleinen Pichola-See die Stadt Udaipur, die wunderbare Paläste zum Teil mitten im See und noch schönere Bilder und Ausblicke bietet, ferner viele enge Gassen voller Atmosphäre, durch die kaum ein Auto passt, wohl aber eine Kuh oder sogar ein Elefant. Kleine Läden bieten Alltagsprodukte an oder von Kunsthandwerkern hergestellte Souvenirs: Vogelkäfige oder Marionetten, gebatikte Tücher oder alte Münzen. Am Ufer des Sees kann man die Wäscherinnen beobachten, wie sie ihre schwere Arbeit verrichten: sie stehen auf den Stufen, bis zu den Knien im Wasser, schlagen Saris, Hemden, Hosen, wringen sie aus und tauchen sie immer wieder in die trübe Brühe. Und gelegentlich kommt ein Elefant, um sich dort abzukühlen. In der Stadt findet man auch die verschiedensten Museen, die die alten Volkskünste wach halten wollen, z.B. die alten Tänze, die Miniaturmalerei oder das Puppenspiel. Es wird auch Unterricht erteilt, aber die Kinder und Jugendlichen gehen oft lieber ins Kino und schauen sich die modernen „Bollywood“-Filme an.
Und dann wird es irgendwann Zeit, dass sich der „organisierte“ Tourist darum kümmert, den Anschluss in die Heimat wieder zu bekommen, was bedeutet: Anschlussflug und irgendwann der Heimflug, meist von Delhi aus nach Hause, in die eigene Realität. Zurück bleibt die Realität Indiens, unglaublich viele Eindrücke, die sortiert werden wollen, und sicher der Wunsch wiederzukehren.
Was aber ist die Realität Indiens? Das, was der Tourist gesehen hat? Ich denke, das kann nicht sein, denn die Realität Indiens ist viel weiter gespannt. Und wenn man das moderne Indien auch nur annähernd verstehen will, dann muss man sich weiter informieren, weiter lesen, weiter forschen. Sich mit all den Themen beschäftigen, die ich hier gar nicht ansprechen konnte und wollte! (Siehe aber die Literaturhinweise!)
Und man wird feststellen: Da entwickelt sich ein Staat aus einem einst rückständigen, von der Kolonialzeit arg gebeutelten und ausgebeuteten Gebiet, mit glorreicher Geschichte der Maharajas zum Beispiel und unermesslicher Armut und Unterentwicklung der einfachen Bevölkerung zu einer Wirtschaftsmacht unglaublichen Ausmaßes, der die Volkswirtschaften nicht nur des einstigen Kolonialherren England, sondern auch ganz Europas und der USA (der sogenannten stärksten Volkswirtschaft der Welt!!??) bald eingeholt und überholt haben wird, zusammen mit China und doch ganz anders als dieses.
Indiens Stärken sind zum Beispiel der IT-Bereich, der Finanzbereich. Bereiche, in denen man
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