zurück zur Startseite
Kunterbuntes 7/10
Januar 2013
Neuerdings in meinem CD-Regal!
Nun ja, erste Infos gibt‘s bei Daniel selbst: „Melody Gardot gilt als eine der großen Entdeckungen der letzten Jahre, als Ausnahmetalent des Jazz. Besonders in Europa feiert sie Erfolge. In Deutschland erreicht ihr vor drei Jahren erschienenes Album „My one and only thrill“ Platinstatus, in Frankreich Doppelplatin“.
Aber auch eigene Recherchen helfen mir weiter.
Melody Gardot ist Jahrgang 1985, wie Daniel, in New Jersey geboren und hat schon seit ihrer Kindheit Musik gemacht, zuerst das Klavierspielen gelernt. Da die Mutter alleinerziehend ist und wenig Geld hat, übernimmt ein junger Mann aus der Nachbarschaft den Unterricht. Erst eineinhalb Jahre Klassik, dann spielt sie ihrem Lehrer eine selbstkomponierte Melodie vor, und er entdeckt begeistert, dass sie sogenannte „Blue Notes“ spielt, und entscheidet, dass sie ab sofort Jazz und Blues lernt.
Mit 16 ist sie so fit am Klavier, dass sie sich als Barpianistin ihr eigenes Taschengeld verdienen kann, neben ihrem Modedesign-Studium. Da schreibt sie aber noch keine eigenen Songs und singt nicht. Ein schwerer Verkehrsunfall verändert ihr Leben schwerwiegend, bis heute: Sie ist als Radfahrerin unterwegs, als ein schwerer Geländewagen ihr die Vorfahrt nimmt und sie regelrecht „über den Haufen“ fährt.
Die Folge sind schwere körperliche Verletzungen wie ein mehrfacher Beckenbruch, Kopf- und Wirbelsäulenver-
letzungen (weswegen sie bis heute einen Gehstock benutzt und sehr schlecht sitzen kann), eine Geräusch- und Lichtempfindlichkeit, die abgedunkelte Brillen erfordert, aber auch neurologische Ausfälle, wie Erinnerungslücken infolge eines schwer gestörten Kurzzeitgedächtnisses. Sie liegt lange im Krankenhaus, erholt sich nur sehr langsam und die Ärzte empfehlen Musiktherapie. Diese kann helfen, geschädigte Nerven-
bahnen wiederherzustellen.
Sie lernt das Gitarrenspiel, und sie entdeckt ihre Fähigkeiten als Komponistin. Sie ist noch im Krankenhaus ans Bett gefesselt, als sie ihre ersten eigenen Songs unter einfachsten Bedingungen und mit der Hilfe von Freunden aufnimmt. Sie sind ursprünglich nicht für die Öffentlichkeit bestimmt, sie nennt sie „bedroom sessions“, aber sie finden doch ihren Weg ins Lokalradio, man ermutigt sie, eine Demo anzufertigen. Universal Radio interessiert sich und sie bekommt ihren ersten Plattenvertrag.
Ihr erstes „richtiges“ Album (nach der EP von 2005 „Some Lessons: The Bedroom Sessions“) ist dann 2008 „Worrisome Heart“, eine Sammlung von zehn wunder-
schönen Stücken, einer Mischung aus Jazz und Blues, das auch noch einmal den Titel „Some lessons“ enthält. Wie anstrengend es war, unter Schmerzen und Konzen-
trationsproblemen diese Songs mit Musikern, die schon für Aretha Franklin, Jill Scott oder Billy Joel arbeiteten, einzuspielen, hört man den Aufnahmen nicht an.
Das sparsame Arrangement von Co-Produzent Glenn Barratt lässt die Stücke wie hingetupft sich anhören, was auch an dem geradezu „zarten“ Einsatz des Jazz-Schlagzeugs und so typischer Instrumente wie Trompete,
Klarinette, Alt- und Tenorsax, aber auch des Pianos oder einiger Streicher liegt. Der Titelsong „Worrisome heart“ zum Beispiel hört sich an, als würde er geradezu schweben …
Im Jahr 2009 erhält Gardot für „Worrisome heart“ eine Echo-Nominierung und das Album erreicht Platz 2 in den US-amerikanischen Jazz-Charts.
Ebenfalls 2009 erscheint bereits ihr zweites Album „My one and only thrill“, das es in den deutschen Charts kurzfristig bis auf Platz 4 schafft, produziert von Larry Klein. Sie singt nicht nur, sondern trägt bei allen Stücken entweder den Gitarren- oder den Klavierpart bei. Es fällt der große Anteil an Instrumentalintermezzi auf, die den Eindruck von Melancholie und Herzschmerz noch verstärken. Wirklich ein Album zum Träumen!
Mit diesem Album tourt Melody trotz ihrer gesundheit-
lichen Beschwerden durch mehrere Länder, über mehrere Kontinente. Einen Eindruck von einem Bühnenauftritt fand ich in einem Artikel auf stern.de von 2008: „Eine dunkle Bühne, ein einsames Mikrophon. Von rechts betritt eine junge Frau den Raum. Hautenges schwarzes Kleid, lange blonde Haare, knallroter Mund. Sie trägt eine Sonnenbrille und dunkelrote High Heels mit Absätzen, die sich auch als Mordwerkzeuge eignen würden. Doch ein Detail passt nicht ins Bild: „Der gefährliche Vamp stützt sich auf einen Gehstock. Melody Gardot ist erst 23, aber sie bewegt sich langsam und vorsichtig wie eine alte Frau.“
Sie verlängert ihre Tournee sogar noch um mehrere Monate, in denen sie die Strände Brasiliens, Tango-Bars in Buenos Aires und Fado-Kneipen in Lissabon besucht.
Die Einflüsse dieser Reisen zeigen sich sehr stark in ihrem neuesten Album „The Absence“, das sie 2012 veröffentlicht. Dass der Produzent diesmal Heitor Pereira heißt, ein brasilianischer Musiker und Filmkomponist, weist sehr stark auf den Einfluss südamerikanisch-portugiesischer Klänge hin bis hin zur Fado-Musik. Sind die ersten vier Stücke wieder typische „Melody-Gardots“, sanft hingetupfte Musikstücke, diesmal zum Teil rhythmischer nach Samba-Art und als Tango, so kippt die Stimmung ins Dramatische in der zweiten Hälfte des Albums.
Beginnend mit dem mit verruchter Stimme in Tango-Manier klagend vorgebrachten „Goodbye“, das pure Verzweiflung widerzuspiegeln scheint, wenn sie singt: „I don't know why you say good night, you only mean to say goodbye…“ , geht es sehr traurig klingend im Duett mit Heitor Pereira weiter bei „Se voce me ama“; leider verstehe ich den Text nicht, aber die Musik erzählt mir so Einiges… Auch „My heart won’t have it any other way“ klingt sehr traurig, dafür beschließen beschwingte Samba-Klänge bei „Iemanja“ das Album, wenn auch die Melancholie nicht aufgegeben scheint. Eine bei Melody Gardot manchmal empfundene etwas oberflächliche Leichtigkeit im Pop-Genre ist endgültig im „erwachsenen“ Jazz angekommen.
Hoffentlich darf ich mich auf weitere Alben freuen!
Wie schreibt Daniel in seinem Blog? „Ich empfinde die Frau als ein Phänomen. Es fasziniert mich, wie sie mit
 
Online-Magazin Im Endeffekt Ausgabe 25 · © 2003 - 2013 danielwelt.de · Impressum · Printausgabe