Stella
Fortsetzung von Seite 13
An ihrem Halse. Gott im Himmel, du gibst mir meine Tränen wieder!
Stella: O du Einziger!
Fernando: Stella! laß mich wieder deinen lieben Atem trinken, deinen Atem, gegen den mir alle Himmelsluft leer, unerquicklich war! –
...
Fernando: Mir ist's wieder wie in den ersten Augenblicken unsrer Freuden. Ich hab dich in meinen Armen, ich sauge die Gewißheit deiner Liebe auf deinen Lippen, und taumle, und frage mich staunend, ob ich wache oder träume.
Stella: Nun, Fernando, wie ich spüre, gescheiter bist du nicht geworden.
Fernando: Da sei Gott für! – Aber diese Augenblicke von Wonne in deinen Armen machen mich wieder gut, wieder fromm. – Ich kann beten, Stella; denn ich bin glücklich.
Stella: Gott verzeih dir's, daß du so ein Bösewicht, und so gut bist – Gott verzeih dir's, der dich so gemacht hat – so flatterhaft und so treu! – Wenn ich den Ton deiner Stimme höre, so mein ich doch gleich wieder, das wäre Fernando, der nichts in der Welt liebte als mich!
...
Fernando: Rose! meine süße Blume! Stella! – Was schüttelst du den Kopf?
Stella: Daß man euch so lieb haben kann! – Daß man euch den Kummer nicht anrechnet, den ihr uns verursachet!
Der Angestellte kommt zurück mit der Nachricht, dass Cäcilie und Lucie abreisen wollen. Stella bittet Fernando eindringlich, mit ihnen zu reden und sie von der Abreise abzuhalten.
Während dessen trifft Fernando auf seinen Verwalter und Vertrauten aus früheren Zeiten. Aus dem Dialog wird deutlich, dass Fernando Stella verlassen hatte, um seine Frau und seine Tochter zu suchen, die er zuvor verlassen hatte. Seine Suche war vergeblich.
Fernando: Ich habe sie nicht gefunden. Ich traute mich selbst nicht in die Stadt; allein aus sichern Nachrichten weiß ich, daß sie sich einem Kaufmann, einem falschen Freunde vertraut hat, der ihr die Kapitalien, die ich ihr zurückließ, unter dem Versprechen größerer Prozente ablockte und sie darum betrog. Unter dem Vorwande, sich aufs Land zu begeben, hat sie sich aus der Gegend entfernt und verloren, und bringt wahrscheinlicher Weise durch eigene und ihrer Tochter Handarbeit ein kümmerliches Leben durch. Du weißt, sie hatte Mut und Charakter genug, so etwas zu unternehmen.
Der Angestellte kommt zurück mit Cäcilie. Obwohl ihm ihre Erscheinung gleich vertraut vorkommt, erkennt Fernando sie nicht sofort. Er bittet Cäcilie, bei Stella zu bleiben und erkennt im Verlaufe des Gesprächs in ihr seine Frau, nähert sich mit Fragen nach ihrer Vergangenheit an.
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Madame Sommer: Er verließ mich. Das Gefühl meines Elends hat keinen Namen! All meine Hoffnungen in dem Augenblick zugrunde! in dem Augenblick, da ich die Früchte der aufgeopferten Blüte einzuernten gedachte – verlassen! – verlassen! – Alle Stützen des menschlichen Herzens: Liebe, Zutrauen, Ehre, Stand, täglich wachsendes Vermögen, Aussicht über eine zahlreiche, wohlversorgte Nachkommenschaft, alles stürzte vor mir zusammen, und ich – und das überbliebene unglückliche Pfand unsrer Liebe – Ein toter Kummer folgte auf die wütenden Schmerzen, und das ausgeweinte, durchverzweifelte Herz sank in Ermattung hin. Die Unglücksfälle, die das Vermögen einer armen Verlassenen ergriffen, achtete ich nicht, fühlte ich nicht, bis ich zuletzt –
Fernando: Der Schuldige!
Madame Sommer mit zurückgehaltener Wehmut:
Er ist's nicht! – Ich bedaure den Mann, der sich an ein Mädchen hängt.
Fernando: Madame!
Madame Sommer, gelinde spottend, ihre Rührung zu verbergen: Nein, gewiß! Ich seh ihn als einen Gefangenen an. Sie sagen ja auch immer, es sei so. Er wird aus seiner Welt in die unsere herübergezogen, mit der er im Grunde nichts gemein hat. Er betrügt sich eine Zeitlang, und weh uns, wenn ihm die Augen aufgehn! – Ich nun gar konnte ihm zuletzt nichts sein als eine redliche Hausfrau, die zwar mit dem festesten Bestreben an ihm hing, ihm gefällig, für ihn sorgsam zu sein; die dem Wohl ihres Hauses, ihres Kindes all ihre Tage widmete, und freilich sich mit so viel Kleinigkeiten abgeben mußte, daß ihr Herz und Kopf oft wüste ward, daß sie keine unterhaltende Gesellschafterin war, daß er mit der Lebhaftigkeit seines Geistes meinen Umgang notwendig schal finden mußte. Er ist nicht schuldig!
Fernando zu ihren Füßen: Ich bin's!
Madame Sommer mit einem Strom von Tränen an seinem Hals: Mein!
Fernando: Cäcilie! – mein Weib!
Cäcilie, von ihm sich abwendend: Nicht mein – Du verlässest mich, mein Herz!
Wieder an seinem Hals: Fernando! – wer du auch seist – laß diese Tränen einer Elenden an deinem Busen fließen – Halte mich diesen Augenblick aufrecht, und dann verlaß mich auf ewig! – Es ist nicht dein Weib! – Stoße mich nicht von dir!
Fernando: Gott! – Cäcilie, deine Tränen an meinen Wangen – das Zittern deines Herzens an dem meinigen! – Schone mich! schone mich! –
Cäcilie: Ich will nichts, Fernando! – Nur diesen Augenblick! – Gönne meinem Herzen diese Ergießung, es wird frei werden, stark! Du sollst mich loswerden
Fernando: Eh soll mein Leben zerreißen, eh ich dich lasse!
Cäcilie: Ich werde dich wiedersehn, aber nicht auf dieser Erde! Du gehörst einer andern, der ich dich nicht rauben kann – – Öffne, öffne mir den Himmel!
Fortsetzung
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