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Gesellschaft & Medien 3/7
November 2005
Mobbing im Alltag von Kindern
Foto: Gracey / www.morguefile.com "Schwachen" - auch vermeintlich als "Stärkere"- Empfundene geraten ins Zielkreuz derjenigen, die mobben. Die Maßnahmen, die über einen längeren Zeitraum hinweg ange-wandt werden, sind vielfältig und reichen von Isolation ("Mit dem darf keiner sprechen") über Auslachen oder Hänseln bis hin zu Ausübung körperlicher Gewalt. Betroffene Kinder sind dem noch mehr als Erwachsene hilflos ausgesetzt, weil sie die Mechanismen nicht durchschauen und oft keine Vertrauensperson haben, der sie sich anvertrauen können. Das Zusehen und Nichteingreifen der anderen Kinder wird als besonders demütigend empfunden und das Verhalten der Mobber scheint so legitimiert zu werden. Viele Lehrer und Eltern reagieren wenn sie davon erfahren, eher mit Beschwichtigungen ("Stell Dich nicht so an. Streit gibt es immer mal unter Kindern"), so dass das betroffene Kind mehr und mehr die Schuld bei sich sucht. Reagiert wird häufig erst dann, wenn das Mobbing bereits deutliche Auswirkungen zeigt: Nachlassen der schulischen Leistungen, Verweigerung des Schulbesuches, ständige Krankheitssymptome wie Kopfschmerzen oder Bauch-schmerzen oder im schlimmsten Fall Selbstmordversuche.
Gefährdet ein "Bully" (Fachausdruck für diejenigen, die mobben) zu werden, sind diejenigen, die sich nach einem hohen sozialen Rang innerhalb der Gruppe sehnen und es genießen, Macht auszuüben. Für sie ist es u.a. eine Form der Konfliktbewältigung, da sie andere Möglichkeiten nicht gelernt haben und selber unter keinen Umständen als "schwach" gelten wollen, obwohl sie es doch in Wahrheit sind.
Das Auftreten von Mobbing wird erst dann verschwinden, wenn Lehrer und Eltern für die Anzeichen sensibilisiert werden, wenn den "Bullys" deutlich Grenzen gesetzt werden, indem gesagt wird: "SO nicht", wenn Kinder wieder zunehmend lernen, Mitgefühl und Unrechtsbewusstsein zu entwickeln und die Verantwortung für ihr Handeln zu übernehmen. Manch einer wird sich jetzt sagen: "Da kann ich nichts machen, ich bin kein Lehrer, habe keine Kinder" und vergisst dabei, dass die Kinder von heute die Gesellschaft von morgen prägen. Wie wollen wir Kindern und Jugendlichen vorleben, dass Respekt vor dem anderen wertvoll ist, wenn doch schon in der Gesellschaft von heute Zeitungen, in denen Menschen diffamiert und der Lächerlichkeit der Öffentlichkeit preisgegeben werden, hohe Auflagen haben? Wenn TV-Formate, bei denen Grenzen überschritten werden und die Menschenwürde scheinbar nichts mehr gilt, hohe Einschaltquoten haben? Man mag das harmlos finden, sich vielleicht auch dabei amüsieren - aber die Signale, die davon ausgehen, kommen an... und Kinder interpretieren sie auf ihre Weise.
Annette Kurowitsch
Foto:Gracey www.morguefile.com
Die Giraffensprache
Man braucht nur auf die Straße zu gehen. Schon hört man, wie sich Menschen anschreien. "Du bist zu nichts nutze", "Hör endlich auf damit, sonst bekommst du gleich eine aufs Maul." Oder "Verpiss dich, du kleine Ratte". Das ist wirklich nicht schön anzuhören und sorgt nur für Streit und Hass. Jugendliche gehen besonders leichtsinnig mit solchen Aussagen um. Da werden auch mal die eigenen Freunde "blöd von der Seite angemacht" und das in den meisten Fällen lediglich wegen eines Missverständnisses. Das passiert, weil sie sich in der "Wolfssprache" unterhalten.
Die Wolfssprache wird heutzutage fast ununterbrochen in Familien, in der Schule, unter Freunden etc. angewandt. Die eigenen Gefühle werden hierbei so gut wie möglich verdeckt, dafür wird das Gegenüber bestraft oder belohnt, be- oder verurteilt, ohne die Gründe für sein Handeln oder Reden herausfinden zu wollen. Man stellt den Menschen bzw. seine Tat als gut oder schlecht hin. Dies oft in einem sehr lauten Ton, man will sich schließlich durchsetzen. Oft wird vergessen, dass derjenige, den man gerade anfaucht, Gefühle hat und sich nach dieser Attacke verletzt fühlt.
Wie fühlt sich der Angreifer? Nachdem seine Wut abgeklungen ist, kommt die Reue. Eigentlich wollte er so nicht mit dem anderen umspringen. Aber er sah keine andere Möglichkeit, es ihm deutlich zu sagen. Man möchte meinen, der Mensch leidet gerne, so oft, wie sich gegenseitig seelisch verletzt wird.
Foto: Corel Draw Collection
Kommen wir nun zu der Giraffensprache. Lustiger Name, nicht wahr? Erfunden wurde sie Ende der fünfziger Jahre von dem Psychologen Marshall B. Rosenberg, bekannt als Konfliktmediator und Gründer des "Center for Nonviolent Communication" in den USA. Er schrieb Bücher wie Das können wir klären, Den Schmerz überwinden, der zwischen uns steht und Kinder einfühlend ins Leben begleiten u.v.m. Seine Theorien sind sehr beliebt, vor allem in Kindergärten und Schulen.
 
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