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Gesellschaft & Medien 5/7
August 2006
Fließband-Bands
Collage: Karin Bejvl / www.gettyimages.com
In den letzten Jahren kommen uns in den Medien neue Bands entgegen, deren Mitglieder singen und tanzen, einfache Melodien und Texte trällern. Musik, die schnell zu merken und mitzusingen ist. Keine tiefgründigen Lieder, aber eingängige, die sich kaum voneinander unterscheiden.
Die Gesichter dieser Bands lächeln uns auf Titelblättern der Jugendzeitschriften entgegen, begegnen uns in Werbepausen, in Talk-Sendungen und Musik-Events. Immer wieder werden ihre Lieder gespielt, bis einem nicht mehr bewusst ist, ob sie gut gefunden werden, weil sie einem gefallen oder sie gefallen, weil sie so oft gehört werden und vertraut erscheinen.
Doch die Lebensdauer dieser Gruppen ist gering. Nach zwei, drei Jahren verschwinden sie langsam von der Bildfläche. Gelegentlich erscheinen noch kurze Auftritte, die oft nur vorhersagen, dass sie sich trennen wollen, anders entwickeln, neue Ziele verfolgen oder eine Pause einlegen werden, um sich zu finden, sich ihren Soloprojekten zu widmen. Jedoch tauchen sie dann tatsächlich nur in den seltensten Fällen wieder auf, meist mit geringem Erfolg, um dann endgültig zu verschwinden. Musikalische Unstimmigkeiten innerhalb der Gruppe werden auch oft als Trennungsgrund genannt. Und dann erscheint eine neue Band oder parallel dazu, mit ähnlichem Schema, welche die "alte" Gruppe ersetzt.
Hinter diesen Gruppen stehen Produzenten, Plattenfirmen, große Konzerne, die sie mit viel Promotion versorgen, um sie dann doch gegen eine andere auszutauschen, wenn sie nicht mehr die erwünschten Einnahmen erbringen. Ein professionelles Management gestaltet alles für sie, hat die Fäden in der Hand. Sie sorgen für die Kompositionen, Texte, Produktion, stellen das Musikprogramm zusammen, legen Termine fest und geben die Musikrichtung vor, daher ist es erstaunlich, dass oft als Trennungsgrund musikalische Differenzen innerhalb der Gruppe genannt werden.
Die Produzenten und Plattenfirmen stellen aus jungen SängerInnen und TänzerInnen nach Marketing-Gesichtspunkten eine Band zusammen, die gezielt vermarktet wird. Für dieses Konzept ist es nicht nur wichtig, dass die Mitglieder singen und eventuell tanzen, sondern dass sie einen bestimmten Menschentyp repräsentieren, und zwar sowohl äußerlich, als auch charakteristisch, dem Image entsprechend. Ein Image, das oft von den Gestaltern geprägt wird. So kann sich jeder der überwiegend jungen Fans - größtenteils Mädchen - ein Mitglied aussuchen, das zu seinem Idol wird, sich mit diesem identifizieren oder auch zum Objekt einer Schwärmerei werden.
Schlagzeilen, Storys, Skandale und manchmal auch Biografien in Boulevard-Blättern sorgen dafür, dass ihr Image konstant bleibt. Es wird darauf geachtet, dass die eigene Persönlichkeit nicht zu sehr herausragt und dass
sie nicht zu außergewöhnlich ist, sondern einer gewissen Norm entspricht. Unikate werden gemieden, da sie schwer austauschbar sind.
Als No Angels, Bro'sis, Overground, Preluders u.v.a. zusammengestellt wurden, wurde auch verstärkt auf das Aussehen geachtet, sie wurden nicht nur nach Gesang und Tanz ausgesucht, sondern auch nach dem Schönheitsideal der deutschen Teenies, mit dem diese sich identifizieren konnten und wollten. Auch verschiede Haar- und Hauttypen spielten eine Rolle, ein breites Spektrum von Publikum sollte angesprochen werden. So kann jeder sein persönliches Mitglied verehren und eine Art "Bindung" zu ihm ausbilden, um eine Art "Abhängigkeit" zu erzielen, die dazu führt, alles von dieser Person besitzen zu wollen (CDs , Poster, Merchandising-Artikel).
Ständige Medienpräsenz war und ist wichtig, da diese Bands schnell in Vergessenheit geraten, weil auch die Zielgruppe oft sehr jung und sprunghaft ist, wechselhaft in ihren Interessen.
 
Online-Magazin Im Endeffekt Ausgabe 11· © 2003 - 2006 danielwelt.de · Impressum · Printausgabe