Gibt es den Ost-West Konflikt wirklich noch?
Fortsetzung von Seite 3
Spontane Streiks und innere Unruhen waren die Folge. Die Bürger demonstrierten vor Gefängnissen und machten ihren Unmut öffentlich. Man wollte die SED am Boden sehen, ein Umdenken fand statt. Dies müdete in einen Protestmarsch von Bauarbeitern der Ost-Berliner Stalinallee. Die Sowjetunion versuchte dieser Aufstände Herr zu werden und schreckte nicht davor zurück, ihre Panzer einzusetzen, um die protestierenden Bürger zu stoppen. Dennoch blieb die Masse hartnäckig und forderte nun lautstark freie Wahlen und eine Demokratie. Die DDR war plötzlich im absoluten Ausnahmezustand. 21 Personen wurden für ihre freie Meinung und ihren offenen Protest von der Sowjetunion mit dem Tod bestraft, 1400 andere aufständische Bürger kamen mit Freiheitsstrafen davon. Man sieht, wie eiskalt und skrupellos das DDR-Regime vorging.
Um den Unruhen Einhalt zu gebieten, ließ das Regime die Grenze zu Westberlin sperren und startete mit dem Bau der Berliner Mauer. Eine Ausreise in die Bundesrepublik war von diesem Zeitpunkt an strengstens verboten. Aus Angst vor der harten Bestrafung trauten sich inzwischen nur noch wenige zu fliehen und die DDR-Regierung sah sich erstmals wieder gefestigt. Die wirtschaftliche Lage verschlechterte sich zusehends, was darauf zurückzuführen war, dass sich das Regime viel mehr um den Aufbau des Militärs und der modernen Technologien kümmerte, als um die menschlichen Bedürfnisse und Grundlagen der Bevölkerung. Ulbricht verlor an Glaubwürdigkeit, seine Parolen zeigten im Laufe der Zeit keine allzu starke Wirkung mehr beim Volk und so wurde er 1971 in Absprache mit Moskau gestürzt.
Seine Position übernahm Erich Honecker. Honecker trat in der Politik vollkommen anders auf als sein Vorgänger Ulbricht. Im Gegensatz zu Ulbricht, der dazu tendierte, die Sowjetunion nicht als treibende Kraft anzuerkennen, fügte sich Honecker der Macht, die diese innehatte und untergrub nicht deren Autorität. Er bemühte sich, den Bürgern trotz der ansteigenden Protesthaltung ein "Heile Welt Bild" vorzugaukeln. Dies machte sich darin bemerkbar, dass Honecker die Renten spürbar erhöhte, die Arbeitszeit zum Wohle der DDR-Bürger verkürzte und dafür sorgte, dass genug zum Essen da war und nahezu jeder Bürger seine Grundbedürfnisse ausreichend decken konnte. Honecker konnte mit seinen Maßnahmen klare Erfolge vorweisen. Die Industrieproduktion stieg im Zeitraum von 1970 - 1974 um ganze 30 % an und die Lebensmittelpreise blieben stets auf einem erträglichen Level.
Ein altes Sprichwort sagt, "Es ist nicht alles Gold, was glänzt" und das lässt sich ohne Weiteres auf den Zustand der ehemaligen DDR übertragen. Die DDR war hochverschuldet (mit 5 Milliarden DM) und steckte bis zum Hals in der Wirtschaftskrise. In Punkto Geheimhaltung und Schönrederei war das DDR-Regime allerdings Spitzenreiter, weswegen die Bevölkerung davon lange Zeit nichts wusste und keinen Wind davon bekam. Zum Glück hatte sich im Laufe der Jahre in der DDR eine klare Opposition gebildet, die langsam, aber sicher immer mehr Macht erhielt und eine breite
|
Anhängerschaft um sich scharen konnte. Die Bürger der DDR wurden mutiger und stellten vermehrt Anträge auf Ausreise, gleichwohl sie wussten, dass diese vom Regime prompt abgelehnt werden würden. Doch die Drohgebärden der SED hatten auf einmal nicht mehr jene Macht, die sie früher hatten und die Opposition konnte der Bevölkerung den Spiegel vor Augen halten, indem sie den Wahlbetrug der SED im Mai 1989 aufdeckten. Die Bürger hielten fleißig Mahnwachen, protestierten für mehr Reisefreiheit und verloren ihr Ziel für eine freie Demokratie nicht mehr aus den Augen. Die Höhepunkte der Bürgerrevolution in der DDR fanden im Oktober 1989 statt und zwar in Form der sogenannten Montagsdemonstration. Mehr als 70000 Menschen beteiligten sich daran.
Wider allen Erwartungen reagierte die SED diesmal nicht mit flächendeckender Gegengewalt, sondern versuchte stattdessen die Bevölkerung mit der Entmachtung Erich Honeckers zu besänftigen und umzustimmen, was aber erfolglos blieb. So kam es am 9. November 1989 zum Fall der Mauer.
Politisch und geschichtlich betrachtet ist es, wie die Ausführung oben belegen, ein Unding, als Westdeutscher zu übertrieben über die Ostdeutschen herzufallen. Denn die Entstehung der DDR und die Errichtung der Mauer, die Deutschland in zwei Teile getrennt hat, sind eine sehr traurige und ernste Geschichte, die uns zeigt, wie gefährlich Macht, Hass und Propaganda sein können. Es bleibt nur zu hoffen, dass es in unserem Land nie wieder eine so menschenverachtende Mauer oder Vergleichbares geben wird. Der Tag der Deutschen Einheit hat seine völlige Berechtigung und sollte als Symbol für eine hellere Zukunft Deutschlands gesehen werden.
Was jedoch ist mit den vielen Witzen über Ossis und Wessis und was hat es mit diesem Ost-West Konflikt auf sich, wenn man ihn von der menschlichen Seite aus sieht? Im Abendblatt erschien vor einigen Jahren zu diesem Thema einmal ein Interview, in dem sich der Soziologe Reinhard Liebscher genau damit beschäftigt. "Es kann keine Rede davon sein, dass die Ostdeutschen gerne die Mauer wiederhaben wollen" oder "Nur rund 13 Prozent hätten sie gern wieder" sind ein paar Auszüge aus diesem Interview, die erahnen lassen, dass der Ost-West Konflikt viel mehr in den Köpfen der Leute herumspukt, als wie dass er tatsächlich existiert.
Vermutlich hängt der Schatten der Sowjetunion in kleinen Resten noch über Deutschland, ist aber so gut wie nicht mehr spürbar. Wenn man als Danielfan auf Konzertreisen ostdeutsche Städte wie zum Beispiel jüngst Erfurt kennenlernt, wird man rasch Abstand vom allgemeinen Klischee-Denken über "den Osten" nehmen. Ich persönlich empfinde, die Atmosphäre und das Menschenklima in vielen ostdeutschen Städten sogar als wärmer und freundlicher als zum Beispiel in Bayern. Fakt ist, dass es überall unfreundliche und freundliche Menschen gibt. Die Menschheit ist nun mal bunt und farbenfroh.
Der oben erwähnte Soziologe meinte im damaligen Interview ferner: „Spätestens in 15 Jahren werde sich die
Fortsetzung
|