zurück zur Startseite
Gesellschaft & Medien 6/7
Mai 2004
Fortsetzung von "Ein gemeinsamer Weg"
Lebensendphase nennt man die Zeit, in der Eltern und Geschwister zuhause häufig überfordert sind, zu übermächtig ist die Aufgabe, ein todkrankes Kind in der letzten Phase seines kleinen Lebens zu begleiten. Unmöglich scheint es, die Kraft und den Mut aufzubringen, für das Kind da zu sein und gleichzeitig seine eigenen Ängste und den Schmerz zu verarbeiten. Hier helfen die speziell ausgebildeten Pflegefachkräfte, Ärzte, Pädagogen und Trauerbegleiter der Sternenbrücke - und das nicht nur am letzten Stück des Weges, sondern auch schon im Vorfeld im Rahmen eines Langzeitpflegeangebots. Bis zu 28 Tage im Jahr kann die Familie mit ihrem kranken Kind und seinen Geschwistern in die Anlage ziehen, sich betreuen lassen und sich fernab des häuslichen Stresses erholen. "Hier haben die Familien einen erhöhten Bedarf", erklärt Kinderkrankenschwester und Vorstandsmitglied Ute Nerge, die mit ihrem unermüdlichen Einsatz die Idee der Sternenbrücke ins Leben gerufen hat. "Besonders die Geschwisterkinder sind häufig verhaltensauffällig, weil sie mit den eigenen Schuldgefühlen gegenüber dem kranken Kind nicht klar kommen." Im betreuten Spiel mit den Therapeuten lernen diese Kinder, sich mit ihrem Trauerprozess auseinanderzusetzen und einen Rückzug in die Isolation zu vermeiden.
Foto: Corinna Kahl
Pressekonferenz: Dr. Isabella Vértes-Schütter, Ärztin und Intendantin des Ernst-Deutsch-Theaters Hamburg, Ute Nerge, Kinderkrankenschwester, Vorstandsmitglied, Annegrethe Stoltenberg, Landespastorin, Leiterin des Diakonischen Werks Hamburg und Peer Gent, Geschäftsführer der Stiftung
Der persönliche Kontakt und Austausch mit den Familienangehörigen wird hier genauso groß geschrieben wie die intensive und auf das Kind zugeschnittene Begleitung der sterbenden Kinder und Jugendlichen. So wird allen Familienangehörigen ermöglicht, die letzte Lebensphase des kleinen Patienten bewusst zu leben und zu erfahren. Die Voraussetzung für die ganzheitliche Begleitung ist dabei auch eine individuelle Schmerztherapie, die von einem erfahrenen Kinderschmerztherapeuten betreut wird. Das kranke Kind wird von den Mitarbeitern dabei als Persönlichkeit betrachtet - nicht "nur" als Patient. So wird ein gemeinsamer Weg beschritten, der vom ersten Kontakt in der Krankheitsphase bis zur individuellen Lebensform im Sterbeprozess führt.
"Vorgestern starb hier ein kleiner Junge", erzählt Ute Nerge, immer noch sichtlich bewegt von dem Erlebten. "Eigentlich hatten wir noch nicht so früh mit seinem Tod gerechnet. Zu den Eltern und Geschwistern konnten wir schon während mehrerer Betreuungsphasen einen sehr intensiven Kontakt aufbauen. Als der Anruf kam, holten wir die gesamte Familie zu uns, und sie konnten die letzten Stunden mit ihrem Kind in einer friedlichen, ruhigen Atmosphäre verleben und sich angemessen von ihm verabschieden." Für Fälle, in denen sich der Gesundheitszustand eines Kindes plötzlich und unerwartet verschlechtert, steht in der Sternenbrücke immer ein Aufnahmezimmer bereit und den Eltern und Kindern innerhalb weniger Stunden zur Verfügung - rund um die Uhr. Und auch in der Zeit nach dem Tod des Kindes werden die Angehörigen aufgefangen. "Eine Mutter hat mir von ihrer Platzangst erzählt. Ich weiß jetzt, dass ich nach dem Tod ihres Kindes daran denken muss, im Abschiedszimmer unbedingt den Sarg offen zu lassen…" In solchen "Kleinigkeiten" zeigt sich die liebevolle und dennoch absolut professionelle Anteilnahme und Betreuung durch die Fachkräfte, die in speziellen Seminaren für Trauerbegleitung geschult werden, bevor sie ihren Dienst in den Räumen der Sternenbrücke antreten dürfen.
Das Kinderhospiz Sternenbrücke ist ein Modellprojekt für Norddeutschland, welches sich zu großen Teilen aus Spenden finanziert. "Die Kosten für den Aufenthalt des kranken Kindes werden zu 70 Prozent von den Krankenkassen übernommen", erläutert Geschäftsführer Peer Gent. "Die restlichen 30 Prozent sowie die Kosten für den Aufenthalt der Angehörigen werden durch Spenden getragen, sofern die Familien nicht in der Lage sind, selbst dafür zu bezahlen." Die täglichen Kosten für den Aufenthalt der gesamten Familie im Kinderhospiz betragen rund 340 Euro, davon fallen 50 Euro auf die Unterbringung der Eltern und Geschwister. Momentan ist der Versuch einer Finanzierung auf Spendenbasis zunächst zur Erprobung zeitlich begrenzt. Um alle Ausgaben zu decken, wird die Sternenbrücke auf ein jährliches Spendenaufkommen von rund 600.000 Euro angewiesen sein!
Die Faniels der Danielwelt haben schon einen Teil dazu beigetragen: 500 Euro aus dem Treuhandkonto "Little Paradise", gesammelt in zahlreichen Aktionen, gingen letzten Herbst an die Stiftung Kinderhospiz Sternenbrücke. Am 1. Mai reiste man mit weiteren 600 Euro im Gepäck zum Tag der offenen Tür nach Hamburg-Rissen, um weitere Sachspenden zu übergeben - besonders gern gesehen sind Bücher und Spielzeuge für die Geschwisterkinder. "Leider sind unsere kleinen Patienten häufig schon zu schwach zum Spielen", bedauert Seelsorger Uwe Sanneck.
 
© 2004 danielwelt.de  - Online-Magazin Im Endeffekt · Email info@im-endeffekt.net · Impressum