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Kunterbuntes 3/7
Dezember 2004
Film-Tipp: „Das Phantom der Oper“
Ganz anders gewählt hatte lange vorher Madame Giry, großartig dargestellt von Miranda Richardson. Sie war es, die in ihrer Jugend, die sie genau wie Christine als Auszubildende im Ensemble des Opernballetts verbrachte, Zeugin wurde, wie das junge Phantom aufgrund seiner äußerlichen Abartigkeit auf dem Jahrmarkt den sensationslüsternen Zuschauern zur Schau gestellt wurde und es schließlich aus seiner schmählichen Existenz befreite und ihm eine neue Heimat schenkte. Ihr verdankt das Phantom seine Zuflucht in den Katakomben der Pariser Oper, auf der er seine neue Existenz aufbaute. Erst am Punkt der Zerstörung der Oper, die sowohl ihr als auch sein Dasein verkörperte, gibt Madame Giry das Geheimnis des Phantoms preis – doch es ist bereits verschwunden. Es lässt sich nur noch spekulieren, warum diese beiden, deren wahres Leben sich nur in der Musik und der Oper verkörpert, niemals ein Paar wurden.

Wir alle tragen Anteile in uns herum, die wir für „hässlich“ halten, die wir gern vor anderen Menschen verstecken. Das Phantom ist ein Teil von uns. Es steht aber auch für so viele unerfüllte Wünsche, von denen wir uns niemals trauen, sie richtig auszuleben. Im Film ist das Phantom einzig darin, seine Gelüste auszuleben. Seine Wut darüber, dass die geliebte Frau einen anderen liebt, seinen Zorn, weil seine Fassung der gerade gespielten Oper von den Geldgebern nur entstellt wiedergegeben wird. Das Phantom zürnt, liebt, lebt, tötet, vergibt schließlich und findet Frieden – auch ohne den geliebten Partner an seiner Seite, der sich mit einem Leben ohne künstlerische Impulse an der Seite eines verlässlichen, reichen und akzeptierten Lebensgefährten zufrieden gibt. Ist es das Versöhnliche, das wir mit ihm verbinden, was uns so berührt und zufrieden aus diesem Film gehen lässt? Oder ist es das Versprechen, dass das „Hässliche“ in uns, die Macht des Unausgesprochenen, der so unerklärliche Wunsch nach Ausdruck unserer Emotionen sich immer irgendeinen Weg bahnen wird, auch wenn dieser nicht immer die Erfüllung findet?

Das „Phantom der Oper“ gibt uns Raum für viele dieser Interpretationen. Der Film lässt viel Platz für ein Versenken in die eigene Gedankenwelt und untermalt diese mit herrlichen Melodien, die nicht nur ins Ohr gehen, sondern auch die Seele berühren. Er öffnet uns für vieles und er bezaubert uns mit Unschuld, die uns aufzeigt, wie viel möglich ist – wenn man sich traut, das Vorgegebene nicht mit dem vorgeblich Möglichen gleichzusetzen. Und oben drauf: Es ist die beste Unterhaltung im weihnachtlichen Sinne, die wir seit vielen Jahren von Hollywood geboten bekamen. Denn diesmal bleibt uns selbst überlassen, was wir in diesem Film sehen – oder eben nicht. Ein Genuss ist in jedem Fall garantiert.
Du darfst mich gerne klicken!
Corinna Kahl
Fotos: Concorde-Film
CD-Rezension
Doro - Classic Diamonds
Doro Pesch, Aushängeschild der Düsseldorfer Metalszene, blickt inzwischen auf eine 20-jährige Karriere zurück. Trotz dieser langen Zeit gibt es immer noch musikalische Experimente, die sie noch nicht gemacht hat, z.B. ein Album mit klassischen Elementen. Dies ist nun mit ihrem aktuellen Werk geschehen.

Zusammen mit dem Classic Night Orchestra wurden 9 Songs aus ihrer musikalischen Vergangenheit neu eingespielt. Angefangen mit Stücken aus der Zeit mit Warlock (ihre Band in den 80ern) bis hin zu Songs vom letzten Studioalbum "Fight". Der Metalanteil in der Musik wurde durch das Orchester ersetzt. Zusätzlich gibt es nur noch Begleitung durch eine akustische Gitarre. Die "harten" Songs verlieren dadurch aber keine Power, sondern gewinnen durch die Streicher sogar noch an Kraft. Währenddessen bringen die deutschsprachigen Balladen ("Für immer", "Tausend mal gelebt") noch mehr Emotionen rüber im Vergleich zu den Originalversionen. Da schmilzt selbst der härteste Metalfan.

Auch Überraschungen sind vorhanden. So wurde die ursprüngliche Ballade "Undying" (ist Doros verstorbenem Vater gewidmet) etwas aufgepeppt und hat durch die Gitarrenarbeit südamerikanisches Flair bekommen. Neben all den alten Songs gibt es auch neue Stücke auf dem Album, wie die erste Singleauskopplung "Let love rain on me" oder die Ballade "I'm in love with you".

Weiterhin hat Doro gerne ein Duett oder einen Coversong auf ihren Alben. Diesmal gibt es beides in einem. Zusammen mit Udo Dirkschneider (U.D.O., ex-Accept) hat sie den Judas-Priest-Klassiker "Breaking the law" aufgenommen. Erst singt sie alleine beide Strophen in einer balladesken Form um dann mit Udo und dem Orchester Vollgas zu geben. Zu guter Letzt gibt es noch den neuen Song "She's like thunder", der als Einmarsch-Hymne ihrer Freundin, Boxweltmeisterin Regina Halmich, gedacht ist.

Doro ist zwar nicht die Erste aus dem Rock- bzw. Metalbereich, die ein solches Klassik-Projekt gemacht hat, aber es ist mindestens genauso gut gelungen wie die Vorgänger und eine Empfehlung für jeden, der sich mit Metal auseinandersetzen möchte ohne gleich von krachenden Gitarren oder Double-Bass erschlagen zu werden.
Pascal Wrage
 
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