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Gesellschaft & Medien 8/17
Dezember 2004
Leben mit Aids...

Obwohl Uwe durch "Tim" häufig an Kopfschmerzen, Erbrechen und den Nebenwirkungen seiner Therapie leidet, lässt er sich nicht seinen Humor und den Spaß am Leben nehmen. Durch seine Infektion mit HIV hat sich seine Einstellung zum Leben sehr verändert.

Ich lebe jeden Tag, als ob es mein letzter wäre und bin für jedes Glück dankbar. Ich sehe Menschen und Tiere von einer ganz anderen Seite.

Von der Gesellschaft und Politik wünscht er sich ein Umdenken. Dass HIV-Infizierte akzeptiert werden. Dass ein Leben mit HIV auch in der Provinz möglich sein muss und die am Virus Erkrankten nicht mehr das Budget der Hausärzte übersteigen.

Bis heute engagiert Uwe sich, inzwischen auch über Schwerte hinaus, für Toleranz gegenüber den an HIV Erkrankten und offenen Umgang mit dem Thema. Für seine ehrenamtliche Arbeit hat er von der Stadt Schwerte bereits die Stadtmedaille als Auszeichnung bekommen.

Auch soll wieder mehr über HIV/AIDS berichtet, informiert und aufgeklärt werden, und das nicht nur einmal im Jahr zum Welt-AIDS-Tag. "Ein Leben mit HIV ist kein Zuckerschlecken und nichts in der Welt kann es wert sein, das Risiko einzugehen, HIV zu bekommen. Das Kondom muss Pflicht sein. Die Angst frisst deinen Körper auf, nicht HIV..."

Auf seiner Homepage www.uwegoerke.de berichtet Uwe in Tagebuchform von seinem Leben mit dem Virus.

Fotos: (c) Uwe Görke
"'Wir Kinder vom Bahnhof Zoo' - es war fast mein Leben..."
Gabi wurde 1959 in Frankfurt am Main geboren. Ihre Mutter hatte sich scheiden lassen und Gabi bei ihrer Oma und ihrem Vater zurück gelassen, da sie vorerst keine Wohnung hatte. Aus dem Vorhaben, das Kind zu sich zu nehmen, sobald sie eine eigene Wohnung hatte, wurde nichts und so wuchs Gabi bei ihrer Großmutter und ihrem Vater auf.

Ihr Vater war alkohol- und tablettenabhängig und aufgrund dessen arbeitslos. Ihr Leben finanzierten sie nur von der kleinen Rente der Großmutter und vom Unterhalt, den Gabis Mutter für sie zahlte.

Meine Oma war die Person, die mir ihre ganze Liebe gegeben hat. Bei ihr habe ich gespürt: Ganz egal was du tust, dieser Mensch wird dich immer lieben.

Gabi war ein schüchternes, um nicht zu sagen verängstiges Kind. Mit 6 Jahren ließ sie einen sexuellen Übergriff von einem Großvater aus der Nachbarschaft, der sich auch an seinen eigenen Enkelinnen vergriff, ohne Gegenwehr über sich ergehen und etwas später folgte eine weitere sexuelle Tat an ihr durch einen Nachbarsjungen. An ihr genaues Alter, als diese Tat geschah, kann Gabi sich nicht erinnern.

Vielleicht verwundert es, das man verdrängen kann wie alt man war, aber nachdem ich einige Mitleidende kenne, halte ich das nicht mehr für eine Seltenheit. Ich könnte den Geruch vom Keller beschreiben und wie er aussah, aber ich könnte nicht sagen was ich anhatte oder welche Jahreszeit es war. Noch nichtmal, was ich dort im Keller wollte. Obwohl ich heute annehme, dass meine Oma uns Kohlen holen geschickt hat.

Damit so etwas nicht wieder passieren konnte, setzte Gabi alles daran, den Kontakt zu den beiden Personen zu vermeiden
und auf keinen Fall in die Lage zu kommen, mit einem von ihnen alleine zu sein. Ihr Vater, den Gabi oft nur als ihren Erzeuger bezeichnet, missbrauchte sie ein einziges Mal. Darauf reagierte sie so aggressiv, daß er es nicht noch einmal versuchte.

Die Atmosphäre, in der Gabi aufwuchs, ließ es gar nicht erst zu, offen über Probleme zu sprechen. Nach außen hin mußte ein bestimmtes Bild gewahrt werden, so prägte ihr Erzeuger es Gabi immer wieder ein, sonst bestand die Gefahr, daß das Jugendamt sie von der geliebten Oma und ihrem Vater wegholen würde.

Schon mit elf Jahren fing Gabi mit Zigaretten, Valium, Aufputschtabletten und Alkoholkonsum an. Bis sie sechzehn war, war sie der Überzeugung, nichts anderes zu tun, als alle Erwachsenen tun. Hatte sie doch jahrelang vorgelebt bekommen, dass man bei Problemen "den Kopf zu macht". Trotzdem schaffte sie ihren Schulabschluß mit der Mittleren Reife und fing eine Ausbildung zur Erzieherin an. Wollte, daß die nächste Kindergeneration es besser hätte.

Und weil ich ihn doch liebte, fing ich auch an, Heroin zu drücken

Abgeschlossen hat Gabi ihre Ausbildung nicht. Sie lernte ihre erste große Liebe kennen, Oli. Als sie ihn kennenlernte, hatte weder er noch sie etwas mit illegalen Drogen zu tun, auch wenn Oli in der Vergangenheit schon gekifft und Trips genommen hatte. Sein Problem war, dass er nie genug Geld hatte, um seine Träume zu verwirklichen und so beging er mit seiner Clique Einbrüche und Diebstähle. Nach seiner letzten Verhandlung beschlossen Gabi und Oli, dass er damit aufhören musste. Er machte seinen Schulabschluss nach und begann eine Ausbildung zum Krankenpfleger.
 
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