Leben mit Aids...
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Fortsetzung von "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo"
Das Geld reichte nicht aus und so kamen die beiden auf die Idee, er könne sich etwas dazu verdienen, wenn er am Bahnhof ein paar Freiern "einen runterhole". Oli fand das recht locker und begann, Abends in Kneipen und Discotheken zu gehen. Lange ging das nicht gut. Oli begann, Gabi anzulügen und führte ein regelrechtes Doppelleben.
Eines Tages erhielt Gabi einen Anruf von einem fremden Mann, der angab, sich in Oli verliebt zu haben und sich nach ihm erkundigen wollte. Nach einem großen Streit machte Gabi Schluss mit Oli, doch die Trennung hielt nicht lange an.
"Der Typ fixte 'meinen' Oli an. Und weil ich ihn doch liebte, wollte ich ihm helfen und fing auch an, Heroin zu drücken. Das ging nicht mal ein Jahr. Oli war mit fast siebzehn Jahren das jüngste Drogenopfer in Frankfurt und ich, mit fast achtzehn, bin innerlich mitgestorben."
Um ihren Lebensinhalt und ihr Heroin zu finanzieren, ging Gabi ebenfalls am Bahnhof und später auch in einem Appartement anschaffen.
"Es hat viel kaputt gemacht, aber mein Verhältnis zu Männern war ja sowieso bereits gestört. Privat ging ich nur mit Frauen oder jungen Männern ins Bett."
Nach zwei Jahren auf der Drogenwelle war nicht nur neben Oli noch ein Großteil ihrer anderen Freunde tot, Gabi hatte auch eine Abtreibung hinter sich und ihr Gewicht hatte sich von 75 Kg auf 55 Kg reduziert. Anderthalb Jahre machte sie eine stationäre Therapie, um von den Drogen loszukommen, wurde aber bald rückfällig.
"Der 'Arschtritt', der mir gefehlt hatte, um endlich die Bremse zu ziehen"
Mit 29 Jahren wurde Gabi klar, daß sie nie mit den Drogen aufhören würde. Sie lernte einen ebenfalls drogenabhängigen Mann kennen und heiratetete ihn. Nach insgesamt 12 Jahren ohne Verhütung wurde sie schwanger. Dieses Kind stellte ihre Einstellung auf den Kopf. Ihm eine schlechte Mutter zu sein, hätte sie nicht ertragen. Sie begann wieder eine Therapie, aber rutschte immer wieder aus. Glücklicherweise war ihr Sohn David nicht im Mutterleib durch Gabis Drogenkonsum co-abhängig geworden, sondern kam lediglich etwas kleiner und leichter als der Norm entsprechend zur Welt. Das Sorgerecht für David mußte Gabi sich hart erkämpfen. Die zuständigen Ärzte während der Schwangerschaft und Entbindung wollten David nicht in ihre Obhut geben. Als klar wurde, dass es nicht zu einer friedlichen Einigung kommen konnte, schaltete Gabi das Jugendamt ein und blieb ständig damit in Kontakt. Erneut wollte sie eine Therapie versuchen und auch das Jugendamt wusste, dass sie auf einen Termin wartete und unterstützte sie darin.
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Rote Schleife
Die rote Schleife, "Red Ribbon", wurde 1991 vom Visual AIDS Artists Caucus in New York entworfen. Die symbolischen Gründe der Farbwahl: Rot für die Liebe zum Zeichen der Leidenschaft und Toleranz gegenüber den Betroffenen. Und ebenfalls symbolisiert die Farbe Rot Blut, stellvertetend für den Schmerz über die vielen Toten, die das HIV-Virus bereits gefordert hat und die Wut, dass die Menschheit einer Krankheit noch immer ohne Heilungschancen gegenüber steht. Zuletzt symbolisiert die Farbe Rot Warnung. Warnung vor der leichtsinnigen Missachtung eines der größten Probleme unserer Zeit.
Die rote Schleife bedeutet ein Zeichen der Hoffnung, dass die Suche nach einem Impfstoff und einer heilenden Therapie erfolgreich ist und sich das Leben derer, die mit dem Virus leben, verbessert.
Man muss nicht selbst HIV-positiv sein, um eine rote Schleife zu tragen. Eine rote Schleife ist ein Zeichen für Verständnis für AIDS, für Mitgefühl mit den Betroffenen und die Bereitschaft, selbst sein Mögliches zu tun, um AIDS und HIV zu bekämpfen.
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Dann passierte es. Bei einem Drogenrückfall vertauschte Gabi das Fixer - Besteck und benutzte die Spritze ihres Lebenspartners. In den Bars, in denen sie verkehrte, war immer wieder eine heimtückische Krankheit zur Sprache gekommen, die alle Schwulen, Bisexuellen und Fixer befallen und innerhalb kurzer Zeit zum Tode führen würde. Die Angst vor der Krankheit lähmte alle. Gabi machte einen HIV - Test, der positiv ausfiel.
Das erste halbe Jahr rechnete sie damit, jeden Moment zu sterben. Dann beschloß sie, sich von der Angst nicht länger kontrollieren zu lassen.
Ihre Infektion mit HIV bezeichnet Gabi als "den Arschtritt", der ihr gefehlt hatte, um endlich die Bremse zu ziehen. Sie machte wieder eine Therapie und mit der Hilfe einiger Menschen, die ihr glaubten, dass sie ehrlich den Weg aus der Sucht suchte und mit der Unterstützung der Ämter gelang es ihr diesmal, durchzuhalten. Für David, ihren Sohn.
In den letzten Jahren hat sich Gabis Gesundheitszustand sehr verschlechtert. Aus ihrer Hepatitis C hat sich in eine Leberzirrose gebildet, gegen die sie Medikamente einnehmen muss. Die Kombinationstherapie wegen ihrer HIV - Infektion musste dadurch umgestellt werden.
Fortsetzung
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